Wien. Österreichs Ex-Kanzler Kurz soll in der Ibiza-Affäre nicht wahrheitsgemäß ausgesagt haben. Nun muss er sich vor Gericht verantworten.

Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) muss sich vor Gericht verantworte. Das gab die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien bekannt. Der Vorwurf: Kurz soll im Ibiza-Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments falsch ausgesagt haben.

Konkret geht es bei den Vorwürfen um die Besetzung des Aufsichtsrats der Staatsholding Österreichische Beteiligungs AG (Öbag) und die Bestellung des Alleinvorstands Thomas Schmid. Kurz hatte im Ausschuss im Juni 2020 seine Rolle bei der Bestellung des Postens eher heruntergespielt. Er sei im Vorfeld über die Entscheidung informiert worden, habe aber nicht weiter mitgewirkt, so seine damalige Aussage.

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Darum geht die Strafanwaltschaft von Falschaussagen von Kurz aus

Aufgrund von Chatnachrichten geht die Staatsanwaltschaft aber davon aus, dass der ehemalige Regierungschef sehr wohl intensiv in die Personalie eingebunden war. So hätten sich Kurz und Schmid spätestens ab Mitte 2017 regelmäßig über das Thema ausgetauscht.

Kurz hat das stets vehement bestritten. „Die Vorwürfe sind falsch und wir freuen uns darauf, wenn nun endlich die Wahrheit ans Licht kommt und sich die Anschuldigungen auch vor Gericht als haltlos herausstellen“, schrieb Kurz auf der Plattform X (ehemals Twitter). Es sei für ihn und sein Team wenig überraschend, dass die Behörde trotz 30 entlastender Zeugenaussagen dennoch entschieden habe, einen Strafantrag zu stellen.

Die WKStA ermittelte seit dem Frühjahr 2021 nach einer Anzeige von sozialdemokratischer SPÖ und liberalen NEOS gegen Kurz wegen des Verdachts der Falschaussage. Der Strafrahmen für das zur Last gelegte Delikt beträgt laut Behörde bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.

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Österreich: Deswegen könnten Kurz weitere Anklagen bevorstehen

Kurz hat möglicherweise auch noch in der sogenannten Inseratenaffäre eine Anklage vor sich. Dabei geht es um geschönte Umfragen und Regierungs-Inserate in Boulevard-Zeitungen, die mutmaßlich mit Steuergeld bezahlt worden sein sollen. Gegen mehrere Personen wird wegen des Verdachts der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt. Auch hier bestreitet Kurz die Vorwürfe.

Der ehemalige ÖVP-Chef, einst europaweit hochgehandelter Hoffnungsträger der Konservativen, stand zwei Mal an der Spitze einer Regierungskoalition in Österreich. Von 2017 bis 2019 führte Kurz ein Bündnis von ÖVP und rechter FPÖ an. Von 2020 bis 2021 war er Regierungschef einer Koalition aus ÖVP und Grünen. Angesichts der Vorwürfe trat er im Herbst 2021 zunächst von seinen Ämtern zurück. Im Dezember 2021 verkündete er seinen gänzlichen Abschied aus der Politik. Inzwischen ist er Unternehmer und Lobbyist.

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Ibiza-Affäre: Das war der Anlass der Ermittlungen gegen Sebastian Kurz

Anlass aller Ermittlungen war die Ibiza-Affäre. In einem auf der Ferien-Insel heimlich aufgenommenen Video hatte der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache anfällig für Korruption gewirkt. Die Koalition aus ÖVP und FPÖ zerbrach 2019 an der Affäre.

Bei der Suche nach Anhaltspunkten für Vetternwirtschaft und Korruption zur Zeit der Regierung von Kurz spielte das Handy von Ex-Öbag-Chef Schmid eine zentrale Rolle. Mehr als 300.000 – von der Staatsanwaltschaft oft als belastend eingeschätzte – Chats waren eine Fundgrube für die Ermittler. Schmid selbst hat sich in der Affäre als Kronzeuge angeboten und Kurz, mit dem er ein enges Verhältnis pflegte, mehrfach belastet. (fmg/dpa)