Berlin. Russland will im Ukraine-Krieg „Mystic B“ reaktivieren, ein Flugzeug für große Höhen. Aber was verspricht sich Kremlchef Putin davon?
Auch wenn die Ukraine zuletzt im Krieg gegen Russland kaum Geländegewinne gemacht hat, ist sie doch immer für eine Überraschung gut. Zuletzt brachte sie Hunderte Soldaten ans südliche Ufer des Dnipro und errichtete dort einige Brückenköpfe.
Das gelang den Truppen nicht nur im Schutz des Nebels jetzt im Herbst. Die wichtigere Erklärung ist, dass sie lokale Blasen bildeten, analysierte der österreichische Militärexperte Markus Reisner beim Nachrichtenportal ntv. Er meint damit einen elektromagnetischer Raum, der es den Russen schwermacht, mit Drohnen die Lage aufzuklären. Sie sind „blind“ – ihnen fehlen die Ziele für ihre Artillerie oder Raketen.
Das russische Militär will die Aufklärung verbessern
Deswegen ist es durchaus glaubhaft, dass Kremlchef Wladimir Putin ein Aufklärungsflugzeug entwickeln lässt, das aus Höhen von rund 20 Kilometern – in der Stratosphäre – das Schlachtfeld im Ukraine-Krieg und letztlich potenzielle Ziele auskundschaften soll, sodass die Ukraine nicht wie am Dnipro Brückenköpfe errichten kann und auf diese Weise ihre Ausgangslage für Angriffe verbessert.
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Für das stratosphärische Aufklärungs- und Angriffssystem gibt es zwei Quellen: Die kremlnahe Zeitung „Iswestija“ und russische Militärblogger, die das System schon als „Zukunft der Kriegsführung“ bejubelten, wie das US-amerikanische Institute for the Study of War (ISW) berichtet.
Das britische Verteidigungsministerium hat eine ganz profane Vermutung: Kein High-Tech. Sondern? Retro. Die Briten halten es für möglich, dass die Russen schlicht auf ein altes Aufklärungsflugzeug zurückgreifen: „Russland erwägt wahrscheinlich, den Höhenaufklärer M-55 aus Sowjetzeiten wieder einzusetzen“, analysierte das Ministerium zuletzt auf X, ehemals Twitter.
Der russische Militärexperte Dmitry Kornew sagte „Iswestija“, die Maschine – mit Radaranlagen, elektronischen Aufklärungssystemen und Kameras – könnte Ziele für Kurzstreckenraketenwerfer, aber auch für ballistische Raketen wie die „Iskander“ mit einer Reichweite von 500 Kilometern, gelenkte Marschflugkörper vom Typ „Kalibr“ mit bis zu 600 Kilometern Reichweite sowie für Hyperschallwaffen der Typen „Kinschal“ und „Zirkon“ auskundschaften.
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Die M-55 (NATO-Codename: Mystic B) wurde zuletzt mit einer militärischen Aufklärungskapsel und einem Container beobachtet. Für die Briten ist es fast sicher, „dass das Flugzeug aus dem relativ sicheren russischen Luftraum heraus Einsätze gegen die Ukraine durchführen wird“.
Ihren Erstflug hatte die Maschine 1988. Sie erreicht eine Höhe von mehr als 21 Kilometern – grob gesagt, sie fliegt doppelt so hoch wie gewöhnliche Passagierjets.
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Technologie ist kriegsentscheidend
Wiewohl die militärische Auseinandersetzung in der Ukraine sich mehr und mehr zu einem Stellungskrieg entwickelt, zählt doch jeder Vorteil bei Bewaffnung und Militärtechnik. Der ukrainische Oberkommandierende Walerij Saluschnyj ging in einem Beitrag für „The Economist“ so weit zu behaupten, dass nur ein Technologiesprung einen Ausweg eröffne. Hoffnung kann er daraus schöpfen, dass die russische Seite immer wieder Entwicklungen angekündigt hat, aber vermeintliche „Game-Changer“ wie der Kampfpanzer T-14 „Armata“ sich oft als Rohrkrepierer erwiesen haben.
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