Rudolstadt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu einem Sondervermögen des Bundes hat gravierende Auswirkungen. Im Freistaat gibt es einen Sonderfonds, aus dem Unternehmen, Kommunen und Bürger Finanzhilfen bekommen können.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu einem milliardenschweren Sonderfonds des Bundes hat nach vorläufiger Einschätzung des Thüringer Rechnungshofs in einem Hauptpunkt keine Auswirkungen auf Thüringen. Anders als auf Bundesebene habe es keine vergleichbare Umschichtung von kreditfinanzierten Corona-Hilfegeldern gegeben, sagte ein Sprecher des Rechnungshofs auf dpa-Anfrage in Rudolstadt. Der Rechnungshof habe immer darauf hingewiesen, dass eine solche Umwidmung verfassungsrechtlich unzulässig wäre.

Diesem Hinweis sei das Finanzministerium gefolgt, so dass es beim Thüringer Sondervermögen eine strikte Trennung zwischen Corona- und Energiehilfegeldern gegeben habe.

Das Bundesverfassungsgericht hatte es für verfassungswidrig erklärt, dass die Ampel-Koalition des Bundes ursprünglich wegen der Pandemiefolgen aufgenommene Kredite zur Bekämpfung der Energiekrise nutzen wollte. Damit machte das Gericht klar, dass der Staat kreditfinanzierte Gelder, die für einen Zweck eingeplant waren, nicht nach Belieben für einen anderen Zweck ausgeben darf.

Sonderfonds ab 2020 in Thüringen

In Thüringen war 2020 ein Sondervermögen mit dem Titel „Thüringer-Pandemie-Hilfefonds“ aufgelegt worden - als Reaktion auf eine Notlage. Nach Angaben des Rechnungshofes waren in den Topf zunächst 695 Millionen Euro an Krediten geflossen. Anfang 2022 seien dann weitere 82 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt worden.

Mit dem Beginn der Energiekrise war dieses Sondervermögen im Verlauf des Jahres 2022 dann erweitert worden, um daraus auch Energiehilfegeldern auszahlen zu können. Es hieß dann „Thüringer Energiekrise- und Corona-Pandemie-Hilfefonds“. Im Zuge dieser Erweiterung waren nach Angaben des Rechnungshofes noch einmal 350 Millionen Euro in dieses Sondervermögen gekommen. Auch dieses Mittel seien nicht kreditfinanziert gewesen. „Das Kapitel Energiekrise des Sondervermögens ist daher aus Sicht des Rechnungshofs nicht von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts betroffen“, sagte der Sprecher.

Zudem seien die kreditfinanzierten 695 Millionen Euro aus dem Jahr 2020 ausweislich der Abrechnungen des Sondervermögens seit Ende 2022 vollständig für Maßnahmen gegen die Folgen der Corona-Krise verwendet worden, so die Auffassung des Rechnungshofs. „Im Unterschied zu der Lage im Bund befinden sich nach Kenntnis des Rechnungshofs aktuell keine kreditfinanzierten Mittel aus 2020 im Sondervermögen.“

Noch offene Fragen

Offen sei derzeit aus Sicht der Finanzprüfer in Rudolstadt allerdings noch, ob es beim Umgang mit diesem Sondervermögen möglicherweise einen Verstoß gegen die Haushaltsgrundsätze von Jährlichkeit und Jährigkeit gegeben haben könnte. Auch einen solchen Verstoß hatte das Bundesverfassungsgericht bei seinem Urteil zu den Bundesfinanzen gerügt.

Vereinfacht ausgedrückt bedeuten diese Haushaltsgrundsätze, dass Kredite, die in einer Notlage aufgenommen worden sind, nur bis zum Ende des Jahres genutzt werden dürfen, in dem diese Notlage auch tatsächlich besteht.

Grundsätzlich sei der Landesrechnungshof noch dabei, die genauen Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu bewerten. Alle derzeitigen Aussagen dazu seien deshalb „nur eine erste Einschätzung“, sagte der Sprecher.

Rechnungshof: Urteil erwartbar

Alles in allem sei das Urteil des obersten deutschen Gerichts für die Rechnungshöfe der Länder und des Bundes aber - anders als für weite Teile der Bundes- und Landespolitik - absehbar gewesen. „Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäbe waren im Grundsatz aus Sicht des Rechnungshofs durchaus nicht überraschend, da die Rechnungshöfe der Länder und des Bundes schon frühzeitig auf sehr ähnliche Aspekte immer wieder hingewiesen hatten.“ Zudem habe es zuvor vergleichbare Gerichtsentscheidungen in Hessen und Rheinland-Pfalz gegeben. „Im Ergebnis begrüßt der Rechnungshof jedoch diese sehr deutliche Klarstellung des Bundesverfassungsgerichts und sieht sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt“, hieß es.

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