Berlin. Den CO₂-Preis zahlen Verbraucher schon jetzt, die geplante Rückerstattung lässt auf sich warten. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Simpel, elegant – und verspätet? Mit dem Klimageld hatte die Ampel auf einen Mechanismus gezielt, der Bürgerinnen und Bürger von Mehrkosten durch CO₂-Preise entlasten und klimafreundliches Verhalten belohnen sollte. Doch die Umsetzung ist kompliziert – und in der Koalition ist man uneins, ob in dieser Legislatur überhaupt noch Geld fließen soll. Worum es geht und was die Verzögerung bedeutet:

Was ist das Klimageld überhaupt?

Das Klimageld ist Teil eines marktwirtschaftlichen Ansatzes für mehr Klimaschutz und wird zusammen mit dem CO₂-Preis gedacht. Die Idee: Der CO₂-Preis, wie es ihn im Bereich Verkehr und Heizen in Deutschland seit 2021 gibt, macht klimaschädliches Verhalten teurer. Wer etwa ein Verbrennerauto fährt, zahlt für den Kohlendioxidausstoß des Diesels oder Benzins. Wer das Fahrrad, die Bahn oder ein E-Auto nimmt, hat diese Kosten nicht.

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Die Einnahmen, die der Staat aus diesem CO₂-Preis hat, sollen dann pauschal pro Kopf zurückgegeben werden. Wer klimafreundlich lebt, hat dadurch mehr in der Tasche. Wer auf sein Verbrennerauto nicht verzichten kann, für den wird zumindest ein Teil der Belastung abgefedert. Und weil eine pauschale Auszahlung bei Menschen mit geringen Einkommen mehr ins Gewicht fällt und ärmere Menschen generell weniger CO₂-intensiv leben, hat das Instrument auch eine soziale Komponente. Noch ist die Höhe des CO₂-Preises für Verkehr und Heizen in Deutschland politisch festgelegt, aktuell bei 45 Euro pro Tonne.

FDP-Finanzminister Christian Lindner dämpft Hoffnungen auf eine schnelle Auszahlung des Klimagelds.
FDP-Finanzminister Christian Lindner dämpft Hoffnungen auf eine schnelle Auszahlung des Klimagelds. © AFP | Thomas Kienzle

Ab 2027 aber soll sich der Preis – wie schon jetzt beim EU-Emissionshandel – am Markt bilden. Die Preise dürften dann noch einmal deutlich steigen. Im Koalitionsvertrag der Ampel von 2021 hieß es dazu: „Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld).“ Eine ausdrückliche Garantie für eine Auszahlung bis 2025 war das nicht. Doch in den vergangenen Jahren haben Ampel-Politiker immer wieder auf das Klimageld verwiesen und Erwartungen geweckt.

Warum gibt es das Klimageld noch nicht?

Aktuell hat der deutsche Staat nicht die Möglichkeit, einfach jedem Bürger und jeder Bürgerin Geld aufs Konto zu überweisen. Dazu fehlen die technischen Voraussetzungen. In der Energiekrise hatte man sich deshalb beholfen mit Maßnahmen wie der 300-Euro-Energiepreispauschale für Arbeitnehmer, die über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers ausgezahlt wurden, oder 200 Euro für Studierende, die diese beantragen konnten.

Alle Gruppen der Bevölkerung mit solchen Konstruktionen zu erreichen, ist aber schwierig. Das Bundesfinanzministerium arbeitet deshalb daran, die finanziellen und rechtlichen Strukturen zu schaffen, die für eine Pro-Kopf-Auszahlung nötig sind. Ab 2025, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Wochenende in einem Interview, werde das technisch möglich sein.

Und wann soll das Klimageld dann kommen?

Wenn es nach Lindner geht: nicht mehr in dieser Legislaturperiode. Im selben Interview argumentierte er, die Einnahmen aus dem Klimageld würden derzeit eingesetzt, um etwa den Heizungstausch oder Ladesäulen für E-Autos zu fördern. „Ob wir die Förderlandschaft in diese Richtung politisch umbauen, das wird nach der nächsten Wahl zu entscheiden sein“, sagte er.

Für Klimaaktivisten wird die Autolobby bevorzugt.
Für Klimaaktivisten wird die Autolobby bevorzugt. © picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Bei Regierungssprecher Steffen Hebestreit allerdings klang das am Mittwoch anders. Wenn die technischen Voraussetzungen bis Ende des Jahres geschaffen würden, „stünde der Mechanismus zur Verfügung. Und alles Weitere ist dann eine Entscheidung, die man treffen muss“, sagte Hebestreit. Zuvor hatten die Fraktionsspitzen von SPD und Grünen Druck gemacht, noch in dieser Legislatur zu einer Auszahlung zu kommen.

Einen Vorschlag, wie die Pro-Kopf-Zahlung schon 2025 möglich sein soll, kam aus der FDP-Fraktion: Vize-Fraktionschef Lukas Köhler legte ein Konzept vor, mit dem nach seinen Angaben fast 100 Euro pro Person und Jahr ausgezahlt werden könnten. Die Liste der Programme, die dafür laut Köhler gestrichen werden müssten, liegt dieser Redaktion vor – und sie ist umfangreich. Unter anderem Mittel für klimaneutrales Fliegen, die Dekarbonisierung der Industrie und Beratung zur Energieeffizienz müssten daran glauben.

Welche Folgen hat die Verzögerung?

Für Verbraucherinnen und Verbraucher, die nicht sofort auf klimafreundliche Alternativen umsteigen können, bedeutet das Ausbleiben des Klimagelds, dass der Alltag erst einmal teurer wird, ein Ausgleich dafür aber ausbleibt. Am Mittwoch forderte deshalb ein breites Bündnis von 15 Sozial- und Umweltverbänden sowie dem Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) in einem offenen Brief an Lindner eine Auszahlung noch in dieser Legislatur: „Schon jetzt steht den Bürger:innen aus der CO₂-Bepreisung der Jahre 2021 bis 2023 über 11 Milliarden Euro Klimageld zu“, heißt es in dem Brief. „Es sorgt nicht nur dafür, dass der Klimaschutz in Deutschland sozial gerechter wird, sondern stärkt auch die gesellschaftliche Akzeptanz für diese so entscheidende Aufgabe.“

Aber nicht alle Sozialverbände sehen eine so große Dringlichkeit bei der Umsetzung. „Ich halte die mit dem im Koalitionsvertrag verabredeten Klimageld als neuer Pro-Kopf-Leistung verbunden Erwartungen leider für deutlich überzogen“, sagte Michaela Engelmeier, Vorsitzende des Sozialverbands SoVD, dieser Redaktion. „Weder wird die Höhe – wir reden von einem kleinen dreistelligen Betrag im Jahr – ausreichen, um damit große Sprünge zu machen, noch werden mittelfristig vor allem ärmere Haushalte profitieren.“ Denn das Geld, sich klimafreundlich aufzustellen, etwa mit einem E-Auto, hätten vor allem gut situierte Haushalte.