Rom. Jetzt also doch: Trentino genehmigt die Tötung von Bären, um die Verbreitung der Wildtiere einzudämmen. Kritik kommt von Tierschützern.

Rund um die Uhr wird die Problembärin Gaia im Gehege Casteller, unweit von der Stadt Trient, beobachtet. Die Schwester des 2006 bei Bayrischzell getöteten Problembären Bruno wird verantwortlich gemacht, im April des vergangenen Jahres den 26-jährigen Jogger Andrea Papi in der Nähe der Ortschaft Caldes tödlich verletzt zu haben. Einen Abschussbefehl des Trentiner Landeshauptmannes Maurizio Fugatti hob das Verwaltungsgericht Trentino auf, die Berufungsinstanz bestätigte das Urteil. Noch unklar ist, was mit der Bärin geschehen soll. Tierschützer drängen auf ihre Umsiedlung in ein Bärengehege in Rumänien. Auch für den 18 Jahre alten männlichen Bären MJ5, der im März im Rabbi-Tal einen Wanderer angegriffen hatte, erließ Fugatti einen Abschussbefehl, den das Verwaltungsgericht aufhob. Der Bär ist weiterhin in freier Wildbahn unterwegs.

Vor allem seit dem Tod des Joggers verzichten viele Bewohner der Berggegend westlich von Trento auf ihre Waldspaziergänge. Die Angst vor Begegnungen mit Bären ist groß. Unter der Bevölkerung wächst der Widerstand gegen die Bärenpopulation, die inzwischen auf circa 120 Exemplare gewachsen ist. Umfragen zufolge sprechen sich fast neun von zehn Einwohnern der Provinz für eine Reduzierung der Bärenpopulation aus.

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Im Rahmen eines Projekts, der von der EU finanzierten Wiederansiedelung, wurden im Adamello-Brenta-Park um die Jahrtausendwende zehn Braunbären angesiedelt, die sich wesentlich stärker als geplant vermehrten. Kalkuliert wurde mit heute rund 50 Exemplaren, tatsächlich sind es mehr als doppelt so viele. Jetzt wollen die Behörden ihre Zahl deutlich einschränken. Trentino hat daher ein Gesetz gebilligt, mit dem der Wachstum der Bärenpopulation eingedämmt werden soll. Es sieht die Möglichkeit vor, bis zu acht Bären pro Jahr zu töten, unter ihnen höchstens zwei geschlechtsreife Weibchen. Bis 2027 sollen 24 Bären sterben.

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    Tierschützer fordern Wildtierkorridore

    Laut Plan obliegt es dem Trentiner Landeshauptmann die Tötung problematischer Exemplare anzuordnen. Für den Antrag ist eine positive Stellungnahme des Landesrats erforderlich. „Es handelt sich um ein wichtiges Verwaltungsinstrument, das in erster Linie die öffentliche Sicherheit, aber auch den Schutz der Bergwirtschaft gewährleistet“, sagte Fugatti. „Wir bremsen damit den Anstieg der Bärenpopulation, garantieren die Sicherheit der Menschen und verbessern die Arbeitsbedingungen der Landwirte und derjenigen, die in der Forstwirtschaft arbeiten“, hieß es in einem Schreiben der Trentiner Landesregierung.

    Tierschützer fordern immer wieder, Menschen für die wilden Tiere zu sensibilisieren oder Wildtierkorridore einzurichten. Sie halten die Tiere grundsätzlich für nicht gefährlich, sie würden nur aggressiv, wenn sie sich oder ihre Jungtiere bedroht fühlten.
    Tierschützer fordern immer wieder, Menschen für die wilden Tiere zu sensibilisieren oder Wildtierkorridore einzurichten. Sie halten die Tiere grundsätzlich für nicht gefährlich, sie würden nur aggressiv, wenn sie sich oder ihre Jungtiere bedroht fühlten. © picture alliance/dpa/Provinzregierung Trentino | -

    Tierschützer sind auf Kriegsfuß mit der Landesregierung. Sie fordern, Menschen für die wilden Tiere zu sensibilisieren oder Wildtierkorridore einzurichten. Einer Studie des italienischen Instituts für Umweltforschung (Ispra) zufolge, würden erst mehr als acht Abschüsse pro Jahr, zwei Weibchen und sechs Männchen, die Bärenbevölkerung in Trentino gefährden.

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    Die Tierschützer hatten im Dezember vor Gericht einen Sieg errungen. Das regionale Verwaltungsgericht in Trient setzte die Tötung von Gaia und dem weiteren Problembären, der noch auf der Flucht ist, aus und kontaktierte den Europäischen Gerichtshof. Damit wurde die von der Provinz Trient beschlossene Verordnung zur Tötung der beiden Bären eingefroren. Tierschützer beklagen, dass ein „Klima der Angst und des Hasses“ gegenüber der Bären angestiftet worden sei. Sie halten die Tiere grundsätzlich für nicht gefährlich, sie würden nur aggressiv, wenn sie sich oder ihre Jungtiere bedroht fühlten.

    Südtirol: Auch Wölfe werden zunehmend zu einem Problem

    Fugatti hat mit seiner kompromisslosen Art auch zahlreiche Bürgermeister der Gegend auf seiner Seite, die um die Sicherheit der Bevölkerung und den abschreckenden Effekt auf den Tourismus fürchten. Nicht nur Bären machen der Bevölkerung in der Alpenregion Trentino Südtirol zu schaffen. Mitte September stellte der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher Abschussverfügungen für vier Wölfe aus, die nach einem Rekurs allerdings wieder vom Verwaltungsgericht in Bozen ausgesetzt wurden.

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    Gemäß Gutachten der Landeswildbeobachtungsstelle halten sich in Südtirol 58 bis 62 Wölfe auf, allein im Jahre 2022 wurden mehr als 500 Wolfsrisse auf den knapp 1700 Südtiroler Almen gezählt.