Berlin. Nach bundesweiten Demonstrationen gegen rechts kommt Bewegung in die Parteienlandschaft. Das wird auch an den Beitrittszahlen deutlich.

Die Grünen haben ein beachtliches Wachstum hinter sich. Seit 2016 stieg die Zahl der Mitglieder von rund 61.000 auf mehr als 125.000 im Jahr 2023. Allerdings wurde der Zuwachs in den vergangenen zwei Jahren deutlich abgebremst. Und jetzt? Neueste Zahlen zeigen, dass es gerade wieder bergauf geht. Wie am Mittwoch bekannt wurde, traten seit Jahresbeginn mehr als 4500 Menschen den Grünen bei.

Die Parteispitze führt das auf die seit Wochen anhaltenden Proteste gegen Rechtsextremismus und für den Schutz der Demokratie zurück. „Auch an diesem Wochenende waren deutschlandweit wieder Hunderttausende Menschen auf den Straßen, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und für unsere Demokratie zu setzen“, sagte die politische Geschäftsführerin der Partei, Emily Büning.

Mehr dazu: AfD gerät unter Druck: Top-Forscherin warnt vor neuer Gefahr

Demonstrationen gegen rechts – auch die SPD verzeichnet viele Neumitglieder

„Alleine seit Anfang Januar haben sich über 4500 Menschen dazu entschieden, Mitglied bei den Grünen zu werden – das ist das zweitstärkste monatliche Wachstum, das unsere Partei jemals erlebt hat“, sagte Büning. Nach Angaben der Partei hat es seit Gründung der Grünen 1980 lediglich einmal eine noch größere Eintrittswelle gegeben, 2021 im Vorfeld der Bundestagswahl.

Lichtermeer und Menschenketten: Protestwelle gegen Rechtsextremismus geht weiter

weitere Videos

    Ähnlich sieht das bei der SPD aus. In den ersten beiden Regierungsjahren der Ampel-Koalition 2022 und 2023 hat die SPD insgesamt mehr als 28.000 Mitglieder verloren. Doch auch bei den Sozialdemokraten machen sich die jüngsten Proteste bemerkbar. Auf Anfrage bestätigt ein SPD-Sprecher: „Mit Blick auf das aktuelle Jahr 2024 stellen wir insbesondere seit der zweiten Januarhälfte eine auffällig hohe Anzahl an Parteieintritten fest.“ Es liege nahe, dass diese Eintritte mit dem Protest der breiten Mitte des Landes gegen die Pläne der Rechtsextremen zu tun hätten.

    Exakte Zahlen zu monatlichen oder gar tagesaktuellen Parteieintritten könne man aufgrund der gebotenen Sorgfalt bei der Bearbeitung von Mitgliedschaftsanträgen nicht machen. „Wir gehen aber davon aus, dass sich die Eintrittszahlen im Januar 2024 gegenüber einem durchschnittlichen Vormonat verdreifacht haben.“ 9.584 Menschen traten der Partei 2023 bei, in einem durchschnittlichen Monat kommt die Partei also wohl auf 800 Neumitglieder. Im Januar 2024 dürfte die Zahl damit im niedrigen vierstelligen Bereich liegen.

    Parteieintritte nach Protestwelle: Könne auch die Konservativen profitieren?

    Auch die Linke teilt auf Anfrage mit, dass allein online seit Anfang dieses Jahres 1341 Menschen der Partei beigetreten seien. Ein Großteil davon seit dem 10. Januar, als die Correctiv-Recherche zu einem Treffen radikaler Rechter mit Politikern der AfD und der CDU sowie Mitgliedern der Werteunion in Potsdam veröffentlicht wurde. Die Partei selbst führt die vergleichsweise hohe Zahl allerdings nicht nur auf die aktuelle Protestwelle gegen rechts zurück. Sondern darauf, dass mit dem Austritt von Sahra Wagenknecht im Oktober ein jahrelanger Richtungsstreit entschärft wurde. „Die Linke ist wieder zentraler Anziehungspunkt der gesellschaftlichen Linken“, meinte die amtierende Bundesgeschäftsführerin Katina Schubert.

    Stärken die Proteste also vor allem Parteien, die dem linken Spektrum zuzuordnen sind oder profitieren auch CDU und FDP von der neuen Lust an der Demokratie?

    Zumindest was die FDP angeht, ist das fraglich. Die Liberalen geben auf Anfrage keinerlei aktuelle Zahlen heraus. Man verweist auf die jährlich veröffentlichten Zahlen. Da ist eher ein Negativtrend zu erkennen. Zum Jahreswechsel zählte die FDP noch 71.820 Mitglieder und damit 4280 weniger als noch ein Jahr zuvor. Die CDU reagierte bis Erscheinen dieses Textes nicht auf eine Anfrage zu ihren Parteieintritten. Und dann ist da noch die AfD selbst. Auch sie verzeichnet im Januar eine ungewöhnlich hohe Eintrittswelle. Auf Anfrage heißt es, man sei bei den neu eingegangenen Mitgliedsanträgen bei über 4000 im Januar.