Erfurt. Wie Geflüchtete und Unterstützer in Erfurt an den russischen Überfall auf die Ukraine vor zwei Jahren erinnern

Erfurt. Am 24. Februar 2022 habe sie vor allem Angst um ihre Kinder gespürt. „Ein Jahr später war es Wut und heute empfinde ich nur noch grenzenlose Trauer.“ So beschreibt Valeria Serozhenko ihre Gefühlslage zwei Jahre nach dem Überfall der russischen Armee auf ihr Land. Sie trägt einen Blumenkranz der ukrainischen Tracht, und das ist, wie der Volkstanz, den sie mit anderen Landsleuten auf dem Erfurter Domplatz zeigt, keine folkloristische Einlage, sondern eine Ansage an diesem Tag: Die Ukraine mit ihrer Sprache und Kultur lebt, und so wird es bleiben.

Auch in Weimar war der Theaterplatz in blau-gelb gehüllt.
Auch in Weimar war der Theaterplatz in blau-gelb gehüllt. © IMAGO/Thomas Mueller

Kerzen und ein Gebet für die Toten

Auch in Weimar, Jena, Gera, Eisenach und Apolda wurde mit Kundgebungen und Friedensgebeten an den russischen Überfall auf die Ukraine erinnert. Dem Aufruf des Vereins Ukrainischer Landsleute in Thüringen nach Erfurt folgen etwa 400 Menschen. Emotionale anderthalb Stunden zwischen Trauer und Selbstbehauptung, die der Priester der ukrainischen Gemeinde Yaroslav Sadovyy mit einem Gebet für die Toten des Krieges eröffnet. Die Menschen vor ihm sind in ein Meer blau-gelber Fahnen gehüllt. Viele tragen Plakate mit Namen ukrainischer Orte, deren Schicksal an den ukrainischen Schmerz der vergangenen zwei Jahre erinnert: Cherson, Mariupol, Butscha ... Andere Schilder rufen zur Solidarität mit der Ukraine auf, das Wort „Taurus“ ist wiederholt zu lesen.

Die Ukraine muss sich verteidigen können

Darauf nimmt die Thüringer Grünen-Bundestagsabgeordnete und Vizepräsidentin des Bundestages, Katrin Göring-Eckardt, Bezug, als sie von der Hilfe spricht, die die ukrainische Armee dringend braucht, um ihr Land zu verteidigen. Dazu gehörte auch das Taurus-System, um den russischen Nachschub zu zerstören. Dafür stehe sie. In der vergangenen Woche erst hatte die Politikerin die Ukraine besucht, wo sie auch Kinder traf, die aus russischer Verschleppung befreit wurden. Auf 20.000 wird ihre Zahl geschätzt, die sich noch in Russland befinden, auch für dieses Verbrechen müsse sich Putin vor einem europäischen Strafgerichtshof verantworten. Das fordert auch Europaabgeordnete Marion Walsmann (CDU). Die russische Invasion sei ein Angriff auf gesamteuropäische Werte, die EU stehe geschlossen hinter der Ukraine.

Angst vor dem Krieg, aber die Sehnsucht ist größer

Landtagsvizepräsidentin Madeleine Henfling (Grüne) wendet sich gegen Versuche, geltendes Aufenthaltsrecht und Bürgergeld für ukrainische Geflüchtete zurückzunehmen. Die Menschen brauchten Ressourcen, wenn sie trotz der Sorgen um ihr Land und ihre Angehörigen in Deutschland ankommen sollen. Grit Gräser gehört zu den vielen Thüringerinnen, die Geflüchtete seit fast zwei Jahren dabei unterstützen. Von diesen Erfahrungen spricht sie, als sie vor das Mikrofon tritt. „Danke Deutschland, Danke Thüringen“: Auch diese Sprechchöre sind an diesem Abend immer wieder zu hören.

Als zum Ende die ukrainische Nationalhymne die Menschen in den Abend verabschiedet, brennt auf der Bühne die Kerze für die Toten des Krieges gegen die Dunkelheit. Der 24. Februar 2022 hat unser Leben für immer in ein davor und danach geteilt, sagt Olha Mazurenko. Vor fast zwei Jahren ist sie mit Tochter und Mutter nach Schmalkalden geflohen. Sie sind der Stadt dankbar für die Aufnahme. Aber sie wollen noch in diesem Frühjahr zurück in die Ukraine. Angst vor dem Krieg? Die gebe es, natürlich, bekennt Olha Mazurenko. Aber die Sehnsucht ist größer.