Erfurt. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow beklagt Fehler der Linken bei den Wahlen.

Der Thüringer Linke-Ministerpräsident Bodo Ramelow hat auch strategische Defizite für die massiven Verluste seiner Partei bei den Europa- und Kommunalwahlen verantwortlich gemacht. Zudem ist aus seiner Sicht der Generationswechsel innerhalb der Linken noch nicht ausreichend gelungen.

„Wir haben als Linke im Osten keine hinreichend positive Identifikation mit dem Europathema hinbekommen“, sagte Ramelow am Montag unserer Zeitung. „Wir waren eher pflichtgemäß unterwegs und haben nicht ausreichend erklärt, welche Vorteile Europa konkret für die neuen Länder bedeutet.“ So sei es der Linken nicht gelungen, den Kampf zum Erhalt der EU-Fördermittel als linkes Projekt darzustellen. „Hinzu kam, dass nach meinem Eindruck die Bundespartei mit diesem Teil der Themen gefremdelt hat“, sagte Ramelow.

Darüber machte Ramelow den Mangel an bekannten Kandidaten für die Verluste mitverantwortlich. „Der Generationswechsel ist notwendig, aber kein Selbstläufer“, sagt er. So habe die bisherige Europaabgeordnete Gabi Zimmer jahrzehntelang als ostdeutsches Gesicht der PDS und später der Linken gedient.

„Es gibt ein Langzeitgedächtnis der Wähler, darin war Gabi Zimmer klar mit uns als Partei verbunden“, sagte der Regierungschef. Der Linke-Spitzenkandidat Martin Schirdewan aus Berlin, der seit vorigem Jahr dem Thüringer Landesverband angehört, sei zwar sehr präsent im Land gewesen, besitze aber hier noch nicht die Bekanntheit von Zimmer.

Ramelow mit Blick auf die Landtagswahlen in Thüringen optimistisch

Aus Sicht Ramelows gibt es daher vor allem eine zentrale Lehre des Wahlsonntags: „Wo die Kandidaten stimmen, werden sie auch gewählt“, sagte er. Das zeige sich auch in den Thüringer Kommunen oder bei der Bürgerschaftswahl in Bremen. „Insofern bleibe ich mit Blick auf die Landtagswahlen in Thüringen optimistisch.“

Gleichzeitig beklagte Ramelow „unnötige eigene Fehler“. Als Beispiel nannte er das Flugblatt seiner Partei im Erfurter Kommunalwahlkampf zum Streit um die Wohnungsbaugesellschaft, das wegen offenkundiger Unwahrheiten zurückgezogen werden musste.

„Deswegen gehe ich aber nicht in die Knie“

Der Ministerpräsident sprach insgesamt von einer „ernüchternden Wahl“ für seine Landespartei. „Deswegen gehe ich aber nicht in die Knie“, fügte er an. Die Herausforderung für die Landtagswahl am 27. Oktober sei nun, dass die Linke die Themen so vermittle, „dass die Bürger das Gefühl haben, sie werden verstanden“.

Die Thüringer Linke, die als einziger Landesverband den Ministerpräsidenten stellt, war bei der Europawahl am Sonntag um 8,7 Prozentpunkte auf 13,8 Prozent abgerutscht. Nach der bisherigen Auszählung der Wahlen der Kreistage und kreisfreien Städte landete sie dort bei 13,6 Prozent – das ist ein Minus von 8,3 Prozentpunkten.

Der Ministerpräsident erklärte, er respektiere jedoch das Ergebnis in jeder Hinsicht. „Die Bürger haben gewählt, mehr noch, sie haben sich emanzipiert“, sagte er der Zeitung. Dies habe er nicht zu kritisieren. „Im Gegenteil: Ich finde das gestiegene Engagement gut und spannend“, erklärte Ramelow. „Für mich ist das Chance und Risiko zugleich.“