Berlin. Die Polizei hat drei weitere Personen aus der Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß festgenommen. Innenministerin Faeser ist alarmiert.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnt davor, die „Reichsbürger“-Szene zu unterschätzen. „Wir haben es nicht mit harmlosen Spinnern zu tun, sondern mit einer mutmaßlich terroristischen Vereinigung, die von Umsturzfantasien mit Waffengewalt geprägt ist“, sagte die SPD-Politikerin unserer Redaktion. „Deshalb werden die Sicherheitsbehörden weiter alles daran setzen, Verbindungen zu erkennen und den Ermittlungsdruck aufrechtzuerhalten.“ Zuvor waren drei weitere Personen aus dem „Reichsbürger“-Milieu festgenommen worden. Einer Frau und zwei Männern wird vorgeworfen, zu der Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß zu gehören, gegen die der Generalbundesanwalt Anfang Dezember 2022 vorgegangen war.

Die Behörden müssten „Reichsbürger“ weiter konsequent entwaffnen, forderte Faeser. Mindestens 1100 „Reichsbürgern“ seien Waffenerlaubnisse schon entzogen worden. Ende 2022 hätten aber noch etwa 400 „Reichsbürger“ über mindestens eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügt. Außerdem dringt Faeser auf eine Verschärfung des Waffenrechts. „Wir brauchen einen engmaschigen Informationsaustausch der Behörden“, verlangte sie. „Wir müssen sicherstellen, dass bei jedem Anzeichen für die Gefährlichkeit eines Waffenbesitzers Waffen konsequent entzogen werden.“

Innenministerin Nancy Faeser (SPD).
Innenministerin Nancy Faeser (SPD). © dpa | Kay Nietfeld

24 der Männer und Frauen aus der Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß als einen der mutmaßlichen Rädelsführer sind den Angaben zufolge in Untersuchungshaft. Über Haftbefehle bei zwei der jüngst Festgenommenen sollten Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) voraussichtlich noch im Laufe des Dienstags entscheiden. In einem Fall war das schon am Montag geschehen, der Mann kam ins Gefängnis.

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Reichsbürger: Bundesanwaltschaft wirft dem Trio Mitgliedschaft in terroristischer Vereinigung vor

Nach Angaben der obersten Anklagebehörde in Deutschland waren am Montag eine Frau im Bodenseekreis, ein Mann im Landkreis Freudenstadt sowie ein Mann im Landkreis Harburg festgenommen worden. Dem Trio werde - so wie den meisten der Beschuldigten - die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen, so die Bundesanwaltschaft. Einigen der vorwiegend deutschen Staatsbürger wirft die Behörde statt Mitgliedschaft nur Unterstützung vor.

  • Der Frau werde vorgeworfen, sich seit Mai 2022 in der Vereinigung engagiert zu haben. So habe sie sich auch am sogenannten Rat beteiligt. Der „Rat“ habe zum Ziel gehabt, die bestehende Staatsordnung über den Haufen zu werfen. Die neue staatliche Ordnung in Deutschland habe mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs verhandelt werden sollen. Spätestens im November 2022 habe die Frau Kontakt zu einem Generalkonsul der Russischen Föderation gesucht und ihn danach zweimal getroffen. „Die Gespräche sollten dazu dienen, Unterstützung für das Handeln der Vereinigung zu erhalten.“
  • Der in Niedersachsen festgenommene Mann soll der terroristischen Vereinigung rund 140.000 Euro gegeben und sich an Treffen zur Anwerbung von Mitgliedern und Sponsoren beteiligt haben.
  • Der dritte Verdächtige soll eine führende Rolle in einer sogenannten Heimatschutzkompanie gehabt und mit Mitbeschuldigten die Übernahme einer ehemaligen Kaserne geplant haben. Darüber hinaus hieß es: „Ihm kam die Aufgabe zu, Personal für seinen Zuständigkeitsbereich zu gewinnen und dieses militärisch auszubilden.“

Zuvor hatten der „Spiegel“ sowie die ARD über die Festnahmen berichtet. Nach „Spiegel“-Informationen handelt es sich bei der Festgenommenen um eine Frau, die bei der Bundestagswahl 2021 erfolglos für die Partei „Die Basis“ kandidiert hatte.

Reichsbürger: 23.000 Menschen sollen laut Verfassungsschutz der Szene angehören

In einer Großrazzia ließ die Bundesanwaltschaft 25 Menschen aus der
In einer Großrazzia ließ die Bundesanwaltschaft 25 Menschen aus der "Reichsbürger"-Szene festnehmen. © Boris Roessler/dpa

„Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ zweifeln die Legitimität der Bundesrepublik an. Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht von rund 23.000 Menschen aus, die dieser Szene angehören. 2021 hätten „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ 1011 extremistische Straftaten begangen (2020: 599), heißt es bei der Behörde. Seit 2016 wurden den Angaben nach 1050 waffenrechtliche Erlaubnisse entzogen.

Die Bundesanwaltschaft hatte Anfang Dezember 25 Verdächtige in Deutschland, Österreich und Italien festnehmen lassen, darunter frühere Offiziere, Polizeibeamte und eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete. Weitere Beschuldigte gerieten anschließend ins Visier. Die Einsatzkräfte stellten unter anderem zahlreiche Waffen sicher. Zwei Haftbefehle wurden zwischenzeitlich außer Vollzug gesetzt.

Die Gruppe soll vorgehabt haben, das politische System in Deutschland mit Waffengewalt zu stürzen und eine neue Regierung zu installieren. Es habe einen militärischen Arm gegeben, der Waffen beschaffen sollte. Die Beteiligten hätten auch Tote in Kauf genommen. (fmg/gau/dpa)