Berlin. Das Rentenplus wird von der Inflation aufgefressen. Der Energiebonus geht nicht an Rentner. Und sie wären bei der Einmalzahlung raus.

Eigentlich hätte der 1. Juli für rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner ein besonderer Tag sein können. Denn am kommenden Freitag steigen die gesetzlichen Altersbezüge so kräftig wie seit rund drei Jahrzehnten nicht mehr. Im Westen legen die Renten um 5,35 Prozent zu, im Osten sogar um 6,12 Prozent. Doch die Freude ist getrübt.

Denn angesichts einer Rekordinflation und gestiegener Energie- und Verbraucherpreise infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine muss auch die ältere Generation mit erhöhten Kosten klarkommen. Der Kaufkraftverlust durch die Inflation führt dazu, dass Senioren einen größeren Teil ihrer Bezüge aufwenden müssen, um über die Runden zu kommen.

Vor allem für diejenigen, die ohnehin schon eine kleine Rente haben, ist es finanziell noch enger geworden. Die Erhöhung der Bezüge zum 1. Juli wird da kaum eine spürbare Besserung bringen. Denn die Inflation steigt deutlich kräftiger als die Renten. Im Mai kletterte die Inflationsrate sogar auf 7,9 Prozent und erreichte damit den dritten Monat in Folge einen neuen Höchststand seit der Wiedervereinigung.

Rente: Rekorderhöhung zum 1. Juli wird von der Rekordinflation aufgefressen

Vor allem Energie und Nahrungsmittel wurden deutlich teurer. An diesem Mittwoch will das Statistische Bundesamt die Entwicklung für Juni bekannt geben. Sie dürfte sich nicht verbessert haben. Eher im Gegenteil. Um den Bürgern finanziell unter die Arme zu greifen, hat die Ampelkoalition ein Entlastungspaket beschlossen.

Es sieht unter anderem eine einmalige steuerpflichtige Energiekostenzulage in Höhe von 300 Euro für Erwerbstätige vor. Der Haken an der Sache ist: Laut dieser Definition sind Rentnerinnen und Rentner davon ausgeschlossen. Als Ruheständler sind sie ja in der Regel bereits aus dem Arbeitsleben ausgeschieden.

Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) hatte zwar kürzlich eingeräumt, er sehe, „dass auch Rentnerinnen und Rentner unter den dauerhaft steigenden Preisen leiden. Deshalb werden zeitlich befristete Entlastungen nicht mehr ausreichen“, sagte er Ende Mai im Interview mit unserer Redaktion. Es müsse eine Antwort geben über das jetzige Entlastungspaket ­hinaus.

Kanzler Olaf Scholz schlägt eine Einmalzahlung für Beschäftigte vor

Nun kommt ein weiterer Vorstoß aus der Regierung, der jedoch abermals an den Rentnerinnen und Rentnern vorbeizugehen scheint. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat vorgeschlagen, als Ausgleich für die stark gestiegenen Verbraucherpreise könnten Arbeitgeber an ihre Beschäftigten eine steuerfreie Einmalzahlung auszahlen. Im Gegenzug sollen die Gewerkschaften bei Tarifrunden auf einen Teil der Lohnsteigerungen verzichten, um so die Inflation nicht weiter anzuheizen.

Ähnlich hatte sich zuvor SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im Gespräch mit unserer Redaktion geäußert. „Wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften sich auf Einmalzahlungen an die Beschäftigten verständigen, um besonders schwierige Momente in den nächsten Monaten abzufedern, dann könnte auch der Staat dies sinnvoll ergänzen“, sagte Mützenich. Vorschläge zur Höhe der Zahlung gab es zunächst nicht. Kritik an der Maßnahme dagegen sehr wohl.

Gewerkschaften und Arbeitgeber sind skeptisch und verweisen auf die Tarifautonomie, in deren Rahmen solche Zahlungen ausgehandelt werden sollten. Auch der Ampel-Partner FDP ist zurückhaltend. Der Sozialverband VdK nimmt in der Debatte indes vor allem die Ruheständler in den Blick, die im Fall einer solchen Leistung wohl erneut das Nachsehen hätten.

VdK-Präsidentin Bentele fordert staatliche Hilfe für arme Rentner

Es klinge zwar „nach einer schönen Idee, dass Unternehmen Einmalzahlungen an ihre Beschäftigten auszahlen sollen“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele unserer Redaktion. „Aber was ist mit denjenigen, die keinen Arbeitgeber mehr haben?“ Es ist klar, wen sie damit meint: Menschen im Ruhestand. Benteles Kritik ist deutlich: „Schon wieder bleiben arme Rentnerinnen und Rentner auf der Strecke.“

Zugleich bezeichnete die Verbandschefin Aussagen aus der Regierung als „zu vage“, nach denen angeblich auch an Plänen zur Entlastung von Rentnerinnen und Rentner gearbeitet werde. „Sie brauchen jetzt so schnell wie möglich Hilfe. Denn viele wissen gerade nicht, wovon sie ihre Strom- und Gasrechnungen oder ihr Mittagessen bezahlen sollen“, mahnte die VdK-Präsidentin.

Unionsvize Gröhe will mehr Entlastung über Steuersenkungen erreichen

Der Vizechef der Union im Bundestag, Hermann Gröhe (CDU), warf der Ampel Konzeptlosigkeit vor. „Die Bundesregierung schlägt immer nur einzelne Maßnahmen vor“, es fehle eine umfassende Lösung. Damit der Staat an den Preissteigerungen nicht mitverdiene, müssten die Steuern gerade auf kleine und mittlere Einkommen gesenkt werden.

Nur – auch bei diesem Vorschlag gibt es ein Problem: Rund zwei Drittel aller Rentnerinnen und Rentner haben so geringe Bezüge, dass sie keine Einkommensteuer zahlen. Damit ginge eine solche Steuerentlastung gerade an finanzschwachen Senioren vorbei.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.