Dirk Hautkapp zum Supreme Court in den USA.

Coronavirus-Krise, Polizeibrutalität, Rassismus und Waldbrände waren gestern. Ab sofort wird der Präsidentschaftswahlkampf in Amerika vom Tod Ruth Bader Ginsburgs dominiert – und mit hoher Wahrscheinlichkeit radikalisiert.

Wie Präsident Donald Trump und die Republikaner im Senat die Nachfolge der Ikone linksliberaler Verfassungsauslegung am Obersten Gerichtshof regeln, wird zur Schicksalsfrage für die Vereinigten Staaten.

Alle zentralen gesellschaftlichen Streitfragen landen vor den neun Richtern und Richterinnen am Supreme Court. Der Tod von „RBG” gibt Trump die Möglichkeit, das auf Lebenszeit ernannte Gremium auf Jahrzehnte nach rechts zu verschieben. Er würde damit zum wirkungsmächtigsten konservativen Präsidenten der vergangenen 100 Jahre. Für konservative Wähler kann es vor dem 3. November kein wirksameres Aufputschmittel geben.

Aber: Die Mobilisierung geht in beide Richtungen. Demokratische Wähler, die um den eng mit Bader Ginsburg verbundenen „Besitzstand” vom Recht auf Abtreibung bis zur Homo-Ehe fürchten, werden ein Durchregieren der Republikaner massenhaft bestrafen. Appelle des Lagers von Herausforderer Joe Biden, die Nachbesetzung erst nach der Amtseinführung des neuen Präsidenten Mitte Januar zu entscheiden, atmen Verzweiflung.

Am Ende kommt es nur auf eine Frage an: Haben die Republikaner im Senat 50 Stimmen sicher? Im Moment ungewiss. Darum spricht einiges dafür, dass die Personalie des Jahres hinter den Wahltag in die „Lahme Ente“-Phase taktiert werden könnte. Selbst wenn Trump gegen Biden verlöre und die Republikaner im Senat ihre Mehrheit verzocken, könnten sie Mrs. Y noch vor der Amtseinführung am 20. Januar durchdrücken. So sind die Spielregeln.

Eigentlich ein Fall fürs Oberste Gericht.