Hiroshima. Die wirtschaftliche und politische Macht der G7 schwindet – doch vom jüngsten Gipfel in Japan geht ein Zeichen der Stärke in die Welt.

Die Gruppe der G7 sind schon oft totgesagt worden. Bei ihrem Treffen in Japan hat die Runde aus Deutschland und den sechs anderen demokratischen Industrienationen aber gezeigt, dass sie weiterhin ihre Berechtigung hat. Diese wird sich in Zukunft allerdings weniger in ihrer wirtschaftlichen Macht begründen, sondern in dem Willen, die Geschicke der Welt auch in diesem Jahrhundert zu prägen – ein Jahrhundert, in dem sich die Blicke nach Asien richten werden. Das ist in Zeiten der vielfachen Krisen eine gute Nachricht für Europa.

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Der Zusammenschluss der großen Industrienationen begann einst als „Weltwirtschaftsgipfel“: Mitte der 1970er Jahre konnte die Runde auch noch von sich behaupten, die Macht in der Welt in ihren Händen zu haben – wirtschaftlich und politisch. Doch die Gewichte haben sich seitdem massiv verschoben. Erschufen die G7-Staaten einst 80 Prozent des weltweiten Wirtschaftswachstums, sind es heute etwa 45 Prozent. Nur noch jeder zehnte Mensch auf der Erde lebt in einer der sechs westlichen Demokratien und Japan.

China und Indien sind mittlerweile die bevölkerungsreichsten Länder dieser Erde. Wirtschaftlich nimmt die Bedeutung der G7 in dem Maße ab, in dem die beiden asiatischen Riesenländer, aber auch Indonesien, Brasilien und die stark wachsenden Staaten in Afrika ihren rasanten Aufstieg fortsetzen.

Angesichts von China: G7 ringen um politische Macht in der Welt

Dass die alten Mächte gegenüber den neuen Konkurrenten auch politisch um ihre Stellung ringen, lässt sich daran ablesen, wie ausführlich sich die G7 bei ihrem Treffen und in der Abschlusserklärung mit China beschäftigt haben. Wer im 21. Jahrhundert keine einheitliche Position zu der künftigen Supermacht hat, wird es schwer haben, sich gegen das unbedingte Streben Pekings nach Dominanz zu behaupten.

Jan Dörner ist Politikredakteur in der Funke-Zentralredaktion.
Jan Dörner ist Politikredakteur in der Funke-Zentralredaktion. © Privat | Privat

In Hiroshima haben sich die G7 auf eine ausgewogene Strategie geeinigt. Einerseits wird China eine stabile Zusammenarbeit angeboten – sowohl in den Wirtschaftsbeziehungen als auch bei globalen Fragen wie dem Kampf gegen den Klimawandel. Andererseits ging von dem Gipfel die klare Warnung vor militärischen Abenteuern aus. Ob dieser Balanceakt gelingt, muss sich zeigen. Es ist auf das Bemühen von Kanzler Olaf Scholz zurückzuführen, dass die Positionierung nicht konfrontativer ausfiel.

Putin verschanzt sich, Selenskyj ist zu Gast bei der freien Welt

Eine Bewährungsprobe für die G7 wird der Krieg Russlands gegen die Ukraine bleiben. Der Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj beim Treffen war ein Zeichen der Stärke: Während sich der mit einem internationalen Haftbefehl belegte russische Staatschef Wladimir Putin angeblich hinter Doppelgängern und in geheimen Residenzen verschanzt, ist Selenskyj zu Gast bei der freien Welt. Diese konnte Selenskyj ein Forum bieten, auf dem auch die als Gäste geladenen Staatschefs aus Indien und Brasilien anwesend waren, um über den russischen Angriffskrieg zu sprechen.

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Länder des globalen Südens spielen eine bedeutende Rolle, wenn einst der Tag kommt, an dem Putin zum Einlenken überzeugt werden könnte. Dass dieser Zeitpunkt aber noch auf sich warten lassen kann, zeigt die Debatte um die Belieferung der Ukraine mit Kampfjets.

Die von Selenskyj gewünschte Kampfjet-Koalition ist mindestens ein mittelfristiges Projekt. Je länger aber der Krieg dauert, desto größer wird auch die Belastung für ihre Unterstützer. Auf ihrem Gipfel haben die G7 dem Land Hilfe versprochen „so lange dies nötig ist, um einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden zu erreichen“. Ob sie dies erfüllen können, entscheidet über die künftige Relevanz des Bündnisses. Auch in den Augen strategischer Herausforderer wie China.