Berlin. Videos auf den sozialen Netzwerken zeigen Präsident Erdogan dabei, wie er Geldscheine aus einem Bündel an seine Anhänger verteilt.

Nach 20 Jahren Regierungszeit musste sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erstmals einer Stichwahl stellen. Nach der Stimmabgabe ließ sich der erneute Wahlsieger vor dem Wahllokal in Istanbul mit Sprechchören feiern. Dabei verteilte er auch Geldscheine an seine Anhänger. Videos zeigen ihn, wie er einzelne 200-Lira-Scheine aus einem Bündel an das Wahlvolk aushändigt. Obwohl der Vorgang gegen demokratische Grundsätze verstößt, war es nicht das erste Mal.

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Für fünf weitere Jahre im Präsidentenamt wählten die Türken am Sonntag Erdogan, der bereits seit 2003 das Amt des Regierungschefs bekleidet. Seit er vor 20 Jahren erstmals den Wahlsieg davontragen konnte, erweiterte der mittlerweile 69-Jährige seine Befugnisse weitgehend. Vor allem seit der Präsidialreform 2017 verfügt er in der Türkei über weitgehende Machtfülle, das Regierungssystem ist auf seine Person zugeschnitten. Spätestens nach dem gescheiterten Putschversuch von Teilen des Militärs 2016 gerieten Oppositionspolitiker ins Visier der Strafverfolgungsbehörden.

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Erdogan verteilt Geld und gewinnt – Opposition bezeichnet Wahl als unfair

Weil er im Zuge dessen große Teile der Medienlandschaft unter seine Kontrolle gebracht hat, spricht das Oppositionsbündnis um den gescheiterten Gegenkandidaten Kemal Kilicdaroglu ebenso wie die meisten internationalen Beobachter von einem unfairen Wahlkampf. Unter anderem hatte Erdogan seine Anhängerschaft mit Wahlgeschenken mobilisiert und sich selbst im staatlich gelenkten Fernsehen im Vorfeld der Wahl mit vielen Errungenschaften, wie dem ersten türkischen E-Auto, präsentiert. Für zwei Millionen Türken hatte das Jahr 2023 bereits mit einem besonderen Wahlgeschenk begonnen. Sie schickte Erdogan im Handstreich in Frührente.

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Am Sonntag verteilte Erdogan nun auch im wörtlichen Sinne Wahlgeschenke an seine Wähler. Ungerührt von zahlreichen filmenden Smartphones zog er mehrfach ein Bündel Geldscheine aus der Tasche und verteilte Bargeld an seine Unterstützer. Der 200-Lira-Schein ist die wertvollste Banknote der türkischen Währung.

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Mit einem aktuellen Wert von 9,29 Euro fiel das Geschenk pro Kopf dennoch nicht besonders hoch aus. Bevor die Inflation der türkischen Volkswirtschaft unter Erdogans Führung im internationalen Vergleich besonders hart zusetzte, war die Lira noch deutlich stärker gewesen. Auch nach Bekanntwerden von Erdogans knappem Wahlsieg sackte der Kurs der Lira weiter ab.

Bereits in früheren Wahlkämpfen hatte Erdogan laut Medienberichten Geldgeschenke an Wähler verteilt. Bereits in der ersten Wahlrunde war er dabei gesehen worden, wie er Spielzeuge und Geldscheine an Kinder aushändigte. Zur Tradition in türkischen Wahlkämpfen bei Kommunal- und Regionalwahlen geworden sind auch Amnestien auf Bauverstöße. Kritische Stimmen werfen der Politik eine Mitschuld an der Erdbebentragödie in der Südtürkei im Februar 2023 vor, bei der knapp 60.000 Menschen ums Leben gekommen waren.

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Oppositionsführer Kilicdaroglu warf der Regierungspartei AKP einen unfairen Wahlkampf vor. Erdogan und seine Parteifreunde hatten den alevitischen Kandidaten immer wieder in die Nähe von Terrororganisationen gerückt und dabei auf eine überwältigende Präsenz in den Fernsehsendern zählen können. "Diese Wahl findet unter sehr schweren Bedingungen statt", hatte der Gegenkandidat nach seiner eigenen Stimmabgabe der Presse gesagt. Begleitet wurde der Wahltag von mehreren kolportierten Übergriffen auf Wahlbeobachter und Oppositionspolitiker, in einem Bezirk sollen Anwälten der Zugang zum Wahllokal verwehrt worden sein. Die Medienberichte konnten allerdings noch nicht belegt werden.

WahlTürkei-Wahl 2023
(Stichwahl)
DatumSonntag (28. Mai 2023)
OrtTürkei
Gewählt wirdPräsident
Wahlberechtigt sindRund 64 Millionen Menschen
Kandidaten für PräsidentenamtRecep Tayyip Erdoğan (69) und Kemal Kılıçdaroğlu (74)