Berlin. Setzt die Ampel-Koalition die Ratschläge der Wirtschaftsweisen um, könnte die Regierung auseinanderfliegen. Das befürchtet unser Autor.

Das gab es schon lange nicht mehr: Die Wirtschaftsweisen haben die Bundesregierung von links kritisiert. Ihr Ratschlag: keine Steuern senken, schon gar nicht für hohe Einkommen. Wohlhabende und Reiche sollten stattdessen vorübergehend etwas mehr Abgaben leisten. Dieses Plädoyer sorgt für Debatten in der Ampel-Koalition. Politisch ändern wird es wohl nichts.

Hannes Koch, Politik-Korrespondent
Hannes Koch, Politik-Korrespondent © WAZ | Fremdbild

Der Vorschlag des Sachverständigenrats, der die Regierung berät, ist ökonomisch und sozial plausibel. Angesichts der Energiepreis-Inflation brauchen Privathaushalte mit wenig Geld finanzielle Unterstützung. Bürgerinnen und Bürger mit Einkommen von 100.000 oder 150.000 Euro pro Jahr brauchen sie dagegen nicht.

Inflation: Staat könnte Geld sinnvoller ausgeben

Entlastungen an Reiche sind eigentlich rausgeworfenes Geld, das der Staat sinnvoller ausgeben kann. Einen Teil der ausgeschütteten Vergünstigungen sollte die Bundesregierung deshalb mit höheren Steuern wieder einkassieren. Das, so die Wirtschaftsweisen, wäre auch eine Maßnahme gegen Inflation und Staatsverschuldung.

Diesen Ratschlag allerdings kann die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP nicht berücksichtigen – sonst würde sie auseinanderfliegen. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner und seine Liberalen brauchen Beweise ihrer politischen Durchsetzungsfähigkeit. Sie müssen ihre zentralen Versprechen einhalten: Steuern werden nicht erhöht, die Schuldenbremse wird auf dem Papier eingehalten.

Das wissen auch SPD-Kanzler Olaf Scholz und Grünen-Vizekanzler Robert Habeck. Die positive Begleiterscheinung dieser Konstellation: Das am besten begüterte Drittel dieser Gesellschaft sieht seine Interessen berücksichtigt und bleibt bei der Stange. Die Regierung bindet weite Teile der Gesellschaft ein.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.