Gera Circa 50 Besucher folgten der Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung ins Erzählcafé in der Häselburg
„Eine schwache Veranstaltung“, resümierte Rolf Nieß. Er zeigte sich aber nicht verärgert. „Zu viel Wahlkampf, zu kurze Diskussion, das Thema ist für zwei Stunden einfach zu komplex.“ Der 78-Jährige war Kumpel, erst im Kalibergbau und dann bei der Wismut. „Mich interessiert alles darüber.“ Er folgte am Montag wie weitere 50 Besucher der Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung ins Erzählcafé in die Häselburg. „Leben mit der Wismut – Erinnerungen und aktuelle Situation“ war die Veranstaltung überschrieben.
Nicht alle Teilnehmer teilten die Meinung von Rolf Nieß. Trotz unterschiedlicher Positionen, sei eine solche Diskussion wichtig. „Reden ist immer besser als schweigen und vergessen“, ist sich Hans-Jürgen Börsch sicher. Er meldete sich zu Wort, weil ihm die Einspielung eines Gesprächsausschnittes mit einem Hauer zu einseitig, zu „slapstickhaft“ war. „Die Wismut war weit mehr als nur unter Tage. Sie war ein riesengroßer Industriezweig unter anderem mit Gesundheitswesen, Handel, Baubetrieben und wissenschaftlichen Planungsbetrieben sowie der Erzaufbereitung“, ergänzte der 76-Jährige im Nachgang. Das betonte vorab ein anderer Redner, der ebenso von den durch die Wismut geschaffenen Werten sprach. „Technische Erfahrungen und persönliche Leistungen sollen bewahrt werden. Dazu gehören auch die kulturellen Werke“, so Börsch.
Im Blick behalten muss man, dass die Wismut der Umwelt großen Schaden zugefügt hat. Bösch bezeichnete manche Seen als „Giftküche“. Auch die Gefährdung der Gesundheit durch die Kontamination vieler Kumpel sei nicht hinnehmbar. Roland Geipel, Oberpfarrer im Ruhestand, berichtete, dass er zig Männer beerdigt habe, die alle an Krebs gestorben sind. Er sprach sich für eine größere Differenzierung von Gutem und weniger Gutem bei der Wismut aus. Manchmal ging ein Raunen durch den Raum, wenn die Jüngeren ihre Position darlegten. Die Entwicklung müsse im Kontext mit der Zeit gesehen werden, waren sich Teilnehmer einig.
Der gelernte Bergmann Tilo Wetzel mischte sich ein, wenn die Kumpels zum Beispiel als unwissend dargestellt wurden, wenn über die angebliche Unwirtschaftlichkeit gesprochen wurde. Er forderte die Wertschätzung der Arbeit ein. Wetzel wiederholte oft, dass es wichtig sei, sich mit dem Erbe der Wismut auseinanderzusetzen und zu überlegen, was dieses der Stadt bringen könnte.
„Ich bin Bergmann, wer ist mehr.“ Auf diesen Spruch aus DDR-Zeiten waren und sind die Kumpels immer noch stolz. Hannelore Hauschild berichtete, dass Frauen in dem Unternehmen alles werden konnten. Auch das enge Zusammengehörigkeitsgefühl untereinander betonte sie. Es gelte, das Negative der Wismut „herauszupulen“ und das Wirken der Wismut-Menschen zu achten.