Gera. Landtagswahl 2019: Geraer Direktkandidaten zur Thüringer Landtagswahl vorgestellt.

Sie ist kampferprobt, die gebürtige Schwäbin. Vor 27 Jahren verließ Gudrun Kimmerle Baden-Württemberg und suchte sich Leipzig als Wohn- und Arbeitsort aus. Beim Versandriesen Quelle baute die gelernte Heilerziehungspflegerin und Mechanikerin den Betriebsrat mit auf, wurde entlassen. Sie sah darin eine „politische motivierte Kündigung“ und zog erfolgreich vor Gericht. Aber das Unternehmen legte immer wieder Berufung ein, sechs Jahre lang dauerte der Streit. Der Fall landete vor dem Bundesarbeitsgericht. Sie bekam Recht. 2009 ging der Konzern pleite.

„Schon immer setze ich mich für Gerechtigkeit und gegen den Sozialabbau ein“, sagt die heute 63-Jährige. „Seit meiner Jugend engagiere ich mich politisch. Auslöser war der Putsch des Militärs 1973 in Chile“. Die Eltern wollten nicht, dass die Tochter aneckt. „Aber ich ecke an.“

Gudrun Kimmerle gehört der Marxistisch-Leninistischen Partei an. 1982 gründete sich die MLPD. Für sie trat Kimmerle bei der Bundestagswahl vor zwei Jahren als Direktkandidat in Leipzig an. Es klappte nicht.

Verfassungsschützer sehen die Partei als linksextremistisch. Kimmerle lächelt den Vorwurf weg: „Wir sind Aktivisten und entschlossene wie konsequente Antikapitalisten.“

Der jetzige Arbeitgeber in Leipzig will ihr in einer Geraer Einrichtung einen Platz als Heilerziehungspflegerin schaffen. Eine Chance für sie, beim Aufbau der MLPD in Thüringen mitzuhelfen. Kimmerle verlegte ihren Hauptwohnsitz nach Gera und bewirbt sich nun um einen Sitz im Landtag. Noch pendelt die agile Frau zwischen der Arbeit in einem Schulclub in der Messestadt und Ostthüringen hin und her.

Den Wahlkampf macht sie nebenbei. Durch Gespräche mit Bürgern oder beim Spaziergang mit Hund Lotte weiß die Kandidatin, wo es hier brennt. „Im Zentrum und anderen Stadtteilen gibt es viele leere Läden. Sie müssen belebt werden durch Kleingewerbetreibende. Damit sich aber diese ansiedeln, bedarf es unter anderem Steuererleichterung. Dafür will ich mich stark machen.“ Auch das Wohnen soll bezahlbar bleiben. In Gera seien die Preise noch moderat. „Aber wir müssen aufpassen. In Erfurt, Jena und Weimar sieht das anders aus. Eine Mietobergrenze muss mit der Schaffung von ausreichend sozialem Wohnungsbau einhergehen.“

Soziale Politik steht für die Aktivistin vorn an. Dazu gehören ein niedriges Renteneintrittsalter, bei Frauen mit 55 Jahren und bei Männern mit 60 Jahren sowie kostenloser Nahverkehr, verbunden mit besserer Anbindung ans Umland. „Die Leute wollen nicht nur einkaufen in der Stadt, sondern mal ins Kino- oder ins Kultur- und Kongresszentrum“, nennt Gudrun Kimmerle als Argument. Gleicher Lohn für Ost und West sei für sie wichtig. Daran knüpfe Kimmerle eine weitere Forderung wie kostenlose Betreuung von Kindern in Tagesstätten mit ausreichend Fachpersonal. „Ich weiß, worüber ich rede.“ Sofortmaßnahmen gegen „die Gifteinlagerungen aus dem Kaliwerk Werra auf Kosten des Unternehmens zum Schutz der Umwelt“ will sie erwirken. „Massiv werde ich für das Verbot aller faschistischen und rechtsextremen Parteien und Organisatoren eintreten sowie für antifaschistische Aufklärung sorgen. Ich kusche nicht, mich mit den Mächtigen der Welt anzulegen. Die Thüringer Landesregierung scheut sich davor und schafft die Illusion eines Sozialstaates. Ich nutze Optimismus, Neugier und einen kritischen Geist für die Aufgaben.“

Vita

geboren 1956 in Marbach am Neckar

Realschulabschluss in der Kleinstadt Großbottwar

gelernte Heilerziehungspflegerin und Mechanikerin

1992 Umzug von Ulm nach Leipzig

in verschiedenen Berufen tätig, so als Packerin bei einem Versandhändler tätig

seit August 2018 Hauptwohnsitz in Gera

seit 1982 Mitglied in der MLPD

geschieden, keine Kinder