Gera. Skulpturen-Experte Manfred Taubert hat 2014 ein Standardwerk zur Geraer Kunst im öffentlichen Raum verfasst – und arbeitet an einer Ergänzung.

Mit unserer Foto-Serie „Erkenne deine Stadt“ haben wir unsere Leser zuletzt immer sonnabends zum Miträtseln anhand von Details markanter Stadtansichten eingeladen. Nun wollen wir ab kommender Samstagsausgabe fotografisch einladen zur Kunst im öffentlichen Raum – zu „Plastiken und Skulpturen in Gera“. Wer wäre als Begleiter auf dieser Tour besser geeignet, als der Geraer Manfred Otto Taubert (68), der mit seinem gleichnamigen Buch 2014 ein Standardwerk auf diesem Gebiet veröffentlichte.

Woher kommt Ihre Leidenschaft für die Geraer Plastiken?

Ich habe mich früh mit der Stadtgeschichte befasst, da kommt irgendwann der Punkt, an dem man sich spezialisiert. Ich fand diese Art der Kunst immer sehr ästhetisch. Gera hat mit seiner Vielzahl an Plastiken auch immer herausgestochen, gerade durch die vielen Werke, die zu DDR-Zeiten entstanden sind. Ich habe dann angefangen, Material zu sammeln, auch unterstützt von Traudel Lauterbach, die damals die Ausstellung „Plastik im Park“ organisierte. Auch dadurch ist viel Kunst nach Gera gekommen.

Weshalb Ihr Buch ja auch sehr umfangreich geworden ist. So viel Bewegung gibt es da heute nicht mehr, oder?

Über 220 Skulpturen und Plastiken sowie, wo bekannt, ihre Schöpfer habe ich in meinem Buch beschrieben, zu dem mich der damalige Stadtarchivar Klaus Brodale animierte. Seit 2014 hat sich schon noch einiges getan, was zwar nicht für einen Band 2, aber für eine Ergänzungsbroschüre reicht, an der ich arbeite und die ich gern dieses Jahr veröffentlichen möchte. Neu an Plastiken dazugekommen ist aber tatsächlich nur sehr weniges.

Woran liegt das?

Ganz klar daran, dass öffentliche Mittel fehlen, um Kunst anzukaufen. Die Stadt hat auch sicher andere dringendere Baustellen. Der Ankauf ist auch nur das eine, das andere die Pflege, der Erhalt. Und hier kommt dann noch das Thema Vandalismus und Diebstahl dazu. Sicher, man kann auch nicht alles erhalten, was auch am Material hängt, wie die Bärengruppe aus Sandstein in Zwötzen zeigt, oder der Mann mit Kind, der einst an der Langenberger Regelschule stand.

Dafür gibt es immer wieder „Rettungsaktionen“, die durch Sponsoren und Spender realisiert werden: die Holzskulpturen „Gersche Originale“, die bronzene Katze im Tierpark, die Blumenzwiebel am KuK…

...die Marmorskulptur „Kunst und Kultur“, genau. Die hängt mir persönlich, neben der Bronzeplastik „Sabine“ in der Joliot-Curie-Straße, auch am meisten am Herzen, weil es ein großer Kraftakt war, sie wieder an diese Stelle zu bekommen. Ich freue mich, dass es immer wieder Spender und Sponsoren gibt, die solche Projekte unterstützen. Und Geraer Firmen, auf die man bei Reparaturen bauen kann.

Sind ähnliche Rettungsaktionen aktuell geplant?

Die leider massiv beschädigten „Sibirischen Kraniche“ am Pöppelner Steg sind dank eines Sponsors mittlerweile repariert. Der hatte einen Standortwechsel zur Bedingung gemacht und inzwischen hat man sich geeinigt. Sie soll bald im Botanischen Garten aufgestellt werden.

Welche Plastik fehlt der Stadt in Ihren Augen?

Den „Posthumus“ würde ich gern wieder am Johannisplatz sehen. Der ist in den 1950er-Jahren weggekommen. Ich hatte den Vorschlag gemacht, in Ermangelung des Originals einen großen Findling mit einer Bronzetafel aufzustellen, auf der an das Denkmal und die Person erinnert wird. Darauf ist nie jemand eingegangen. Prinzipiell könnten ein paar neue Impulse bei Kunst im öffentlichen Raum der Stadt sicher gut tun, zum Beispiel am Campus oder in Geras Neuer Mitte.

Wissen die Geraer Ihre Kunstschätze im Freien zu schätzen? Oder nehmen sie sie kaum wahr?

Ich habe schon das Gefühl, dass, seit ich das Buch gemacht habe, die Leute aufmerksamer durch die Stadt gehen, die Anteilnahme höher ist und auch mehr Hinweise kommen.