Greiz. Körperkult oder Wettbewerb: Sonnenbrand-Tattoos schaden der Haut und erhöhen das Krebsrisiko beträchtlich

Der Greizer ist viel draußen, geht gern in den ­Garten oder ins Freibad. Zu dieser Einschätzung gelangt Martin Kaatz, Chefarzt für Hautkrankheiten und Allergologie am SRH Waldklinikum Gera, das in Greiz eine Poliklinik ­betreibt. Es sei demnach für die Einwohner extrem wichtig, ihre Haut vor dem ­regelmäßigen Sonnenkontakt aktiv zu schützen. Entsprechende Kleidung und ausreichend Sonnencreme sind zu empfehlen. Im wahrsten Sinne brandgefährlich sei für ihn ­daher ein Trend, der aktuell ­erneut im Netz und den sozialen Medien kursiert: das Sunburn-Tattoo (Sonnenbrand-Tattoo).

Für dieses legen sich Menschen ohne Sonnenschutz und mit einer Schablone auf der Haut unter die brennende Sonne. Nach ein paar Stunden ist die Haut rot, der abgedeckte Teil bleibt jedoch weiß. Optisch entsteht eine ähnliche Wirkung wie bei einem Tattoo. Anschließend werden Fotos gemacht und im Internet geteilt.

„Dieser Körper-Verschönerungskult ist kein Spaß – besonders nicht für junge Menschen mit einem empfindlicher heller Haut. Prinzipiell sollte sich niemand ohne genügend Schutz der Sonne aussetzen“, sagt Martin Kaatz, der regelmäßig in Greiz praktiziert. Der bei diesem Trend in Kauf genommene Sonnenbrand lasse die Haut schneller altern und die Gefahr des weißen Hautkrebses sei um ein Vielfaches höher.

Wer zudem denkt, Sonnentattoo und Verbrennung seien nach kurzer Zeit wieder verschwunden, obliege dem Arzt nach einem Irrtum: „Bei zu ­intensiver Sonneneinstrahlung können sich Verbrennungen mit Bläschen bilden. Wenn diese vernarben, bleiben die Veränderungen für immer auf der Haut sichtbar.“ Aus der vermeintlichen Schnapsidee könne so ganz schnell ein bleibendes Mahnmal am Körper werden.

Die Tatsache, dass der Trend nach einigen Jahren erneut entflammt, erklärt der Chefarzt mit zunehmender Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung. „Heutzutage zählen verschiedene Kulte zum Lifestyle mit dazu, werden anerkannt oder sogar gefördert. Es braucht immer nur einen, der es vormacht.“ Durch Gruppenzwang oder Wettkampfcharakter sieht Kaatz eine ­erhöhte Suchtgefahr, auch wenn er in seiner Sprechstunde bisher noch keinen gravierenden Fall behandeln musste. Kampagnen gegen derartige Entwicklungen, wie es sie bereits vor Jahren mit prominenter Unterstützung gab, hält der Hautarzt daher für gut und sinnvoll.

Dringend rät auch Annette Geyer von dieser Modeerscheinung ab. Für die Greizer Dermatologin sei der chemische Sonnenschutz durch Sonnencreme essenziell wichtig. „Lichtschutzfaktor 50 ist wirksam gegen die biologisch aktive ­Ultraviolettstrahlung. Zudem gibt es unterschiedliche genetische Veranlagungen, wie sich die Haut bei Sonneneinstrahlung verhält.

Wer dies alles bei solchen Trends bewusst ignoriert, geht ein hohes Risiko für seine ­Gesundheit ein“, sagt die Ärztin. Sie weist darauf hin, dass die oberste Hautschicht im Laufe des Jahres dicker werde und einen höheren natürlichen Schutz biete. Beim Zuhalten durch eine Schablone verwirke dieser Eigenschutz.

Ihr seien in Greiz noch keine solchen Tattoos begegnet, wenngleich sich Strömungen erfahrungsgemäß schnell verbreiten können. So hätten sich auch andere Modeerscheinungen wie Tattoos, Henna-Tattoos oder Brandings entwickelt.

Die Greizer Tattoo-Studios beobachten den Internettrend mit gemischten Gefühlen. Während die einen noch gar nichts davon gehört haben, vermuten andere ein schnelles Abflachen des Interesses an kurzweiligen Bildchen auf der Haut.

Kritiker sind sich einig: ­Jede Form des Sonnenbrandes kann gefährliche Auswirkungen ­haben. Sie hoffen, dass sich diese Erkenntnis bei den Sunburn-Sympathisanten schneller einbrennt als der weiße Fleck auf roter Haut.