Greiz. In der Strafsache wegen doppelten Ladendiebstahls erscheint der Angeklagte nicht. Dafür berichten die Zeugen privat

Ein Termin im Gericht, Beobachter einer Verhandlung, ­umgeben von Juristen in schwarzen Roben, wie aufregend, dachte ich. Zwar war es nicht mein erster Besuch dieser Art, doch die Premiere im Amtsgericht Greiz. Die Anklage lautete Ladendiebstahl in zwei Fällen. Angekommen am Verhandlungssaal 307, saßen mehrere Personen davor. An einem Tisch waren drei Männer, die als Zeugen der noch laufenden Verhandlung fungierten. Am Nebentisch nahmen ein Mann und eine Frau Platz. Ich setzte mich dazu. Eine gute Entscheidung, denn bei den Personen handelte es sich um die Zeugen im Ladendiebstahl-Prozess. ­Karsten ­Delitscher ist Chef eines Lebensmittelgeschäfts in ­Hohenleuben, Elke Wirth ist seine Angestellte. In einem freundlichen Gespräch erfuhr ich erste Hintergründe zum Prozess.

In seinem ­Geschäft, so ­Karsten Delitscher, sei der ­Angeklagte ­bereits mehrfach ­negativ aufgefallen. Er habe versucht, eine Flasche Gin zu entwenden. Beim zweiten Mal habe er noch dreister agiert. Über das Privatgrundstück des Inhabers sei er zum Lieferanteneingang gelangt, habe sich eine Kiste Bier genommen und habe damit gehen wollen – ohne zu bezahlen. Das bereits verhängte Hausverbot habe ihn nicht gestört. Dies veranlasste den Ladenbesitzer, Anzeige gegen den bereits vorbestraften Bewohner des ­Ortes zu erstatten. Es gehe weniger um den Warenwert von ­ungefähr 30 Euro, sondern ums Prinzip. „Wir dachten eigentlich, er hätte aus seinen Fehlern der Vergangenheit ­gelernt“, sagte der Zeuge. Diebstähle dieser Art gebe es immer wieder, auch in einer kleinen Stadt wie Hohenleuben. Die­ ­Insassen der dortigen Justizvollzugsanstalt würden allerdings selten zu den Tätern zählen. „Die meisten benehmen sich in der Regel, man kennt sich über Jahre und erfährt viel von den Schicksalen der Personen“, so Delitscher, der seine Ware auch im Gefängnis ­verkauft.

Von Prozessbeginn oder weiteren Teilnehmern der Verhandlung immer noch keine Spur. Genügend Zeit für Themen wie das Rechtssystem, Vollzugsanstalten in Thüringen und Sachsen oder kommunale Politik samt ­Gebietsreform. Sogar über das Hohenleubener Waldbad und den engagierten Förderverein fielen interessante Worte. Dann endlich, fast eine Stunde Zeit war vergangen, bat Richter Christian Hollandmoritz in den Sitzungssaal. Anschließend ging es schnell. Der Angeklagte habe den Termin verwechselt, die Verhandlung finde nicht statt, Zeugen würden für Dienstausfall und Anreise entschädigt.

Noch ein Dankeschön vom Richter und schon war er das, mein erster Gerichtstermin in Greiz. Diesmal gab es zwar keine Verhandlung, aber für eine kleine Reportage hat es dennoch gereicht.

Meine Meinung: Benjamin Schmutzler über seine Premiere im Amtsgericht Greiz