Jena. Im „Trafo“ wird gezeigt, wie sich seit 1986 in der Johannisstraße eine selbstbestimmte Kulturszene entfaltet hat.
Vom System unabhängige Freiräume für Kunst und Kultur passten der DDR-Diktatur überhaupt nicht in den Kram. Und so versuchte sie auch, der „Jenaer Hofvernissage“ den Garaus zu machen. Erfolglos.
Das Thüringer Archiv für Zeitgeschichte (ThürAz) und der Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Universität präsentieren ab Freitag, 23. September, in Kooperation mit der Galerie Huber & Treff im „Trafo“, Nollendorfer Straße, eine Ausstellung zur „Jenaer Hofvernissage“.
Der Maler und Bildhauer Gerd Wandrer hatte am 1. November 1986 die erste Jenaer Hofvernissage im Hof zwischen Johannisstraße 16 und Jenergasse 7 organisiert. Nachdem ihm die offizielle Präsentation seiner Werke verwehrt worden war, stellte er sie kurzerhand in seiner selbst geschaffenen Freiluftgalerie aus. Dies war der Auftakt zu einer Reihe von insgesamt 13 Hofvernissagen mit Kunst, Literatur, Musik und Theater. Eine Gruppe um Wandrer führte die Veranstaltungen abseits des staatlichen Kulturbetriebs nach der Ausreise des Initiators bis in den Herbst 1989 fort. Zu den Mitstreitern gehörten Andrea Müller, Bettina Wuhrl, Bertram Hesse und Joachim Hoffmann.
Plastiken zerschlagen
Nach der 11. Hofvernissage im Juni 1988 ließen die DDR-Oberen Bilder und Plastiken von beteiligten Künstlern zerschlagen und zersägen. Und um weitere Vernissagen zu verhindern, wurde eine Mauer quer durch den Hof gezogen. Gleichwohl gelang es Wandrers Freunden, eine dezentrale Fortsetzung zu organisieren und somit die Hofvernissage in die Wendezeit zu retten.
Die Gruppe um Wandrer darf für sich beanspruchen, einen autonomen sozialen Raum etabliert zu haben in der späten DDR, als sich politisch weder Glasnost noch Perestroika bereits abgezeichnet hatten. Die Initiatoren der am Freitag beginnenden Ausstellung stellen fest: Es seien alternative Handlungsmuster erprobt und freier Austausch ermöglicht worden.
„Das kontinuierliche Überschreiten der engen Grenzen staatlicher Vorgaben vermittelt die Widerständigkeit einer überregional bedeutsamen, selbstbestimmten Kulturszene in den letzten Jahren der DDR“, heißt es in der Einladung. Im Übrigen: Die Hinterhofmauer wurde im Frühjahr 1990 an einem Kulturtag mit Künstlern aus Ulm niedergerissen.
ZUR SACHE
Die Ausstellung umfasst Quellen zur Geschichte der Hofvernissagen. Neben Fotografien und Dokumenten werden Künstlerinnenbücher und Kunstwerke aus der Zeit der Hinterhofausstellungen, der Nachwendejahre und der Gegenwart gezeigt.
Freitag, 23. September, 19 Uhr: Vernissage
Sonntag, 9. Oktober, 15 Uhr: Öffentliche Führung (weitere Termine: siehe www.thueraz.de)
Mittwoch, 2. November, 19 Uhr: Podiumsgespräch mit Künstlerinnen und Künstlern der Jenaer Hofvernissagen
Samstag, 19. November, 19 Uhr: Finissage mit Organisatoren der Jenaer Hofvernissagen
Beteiligte Künstlerinnen und Künstler: Eva Backofen, Gino Hahnemannn (†), Andreas Hegewald, Egmont Hesse, Jayne-Ann Igel, Christiane Just (†), Joachim Kuhlmann, Ronald Lippok, Thomas Müller (TM Rotschönberg), Bert Papenfuß-Gorek, Detlef Schweiger, Gerd Wandrer, Heike Willingham
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag, 14 bis 18 Uhr.