Jena. Rezension Christina Meissner näherte sich Hildegard von Bingens Gesängen an

Das 75. Atelierkonzert „Begegnung der Künste“ wird lange in Erinnerung bleiben. Denn wie sich Meistercellistin Christina Meissner dem Motto „Visionen – Hildegard von Bingens Gesänge im Spiegel unserer Zeit“ zu nähern wusste, das war innerlich bewegend.

Bereits beim Eingang mit „O frondens virga“ wurde man in eine Art des Psalmodierens im romanischen Raum einer Basilika mitgenommen, ehe Visionen der Heiligen in der Lesart der tatarischen Komponistin Sofia Gubaidulina für Altsolo Gestalt annahmen, arrangiert für Cello solo. Wie auch alles Folgende, war das von den ungewöhnlichen Spieltechniken der Cellistin einschließlich Gesang geprägt.

Erregte Christina Meissner mit „Kolon“ der Schwedin Lisa Streich besondere Aufmerksamkeit, so gedieh neben Gesängen der Hildegard ihr Opus „Fleisch“, 2017 komponiert, zu einem weiteren nahegehenden Höhepunkt des Abends: Geboten wurde reales konfliktreiches Menschenleben einschließlich Kreuzigung, erlösendem Choral und Sphärenklängen.

Was hier für den Leser so sachlich berichtet erscheinen mag, im wahrsten Sinne des Wortes erlebten die Konzertbesucher einen Abend großer Gefühle und zugleich zur Meditation anregend.

Aus dieser Atmosphäre vermochte man sich am Ende nur langsam zu lösen. Großer Dank an Christina Meissner für das in seiner Art ungewöhnliche Programm, virtuos dargeboten, mit spieltechnisch noch nie erlebten Techniken und Tongebungen.