Thomas Stridde über juristische Befangenheit.

Zunächst wirkt das beklemmend seltsam. – Der oberste Stadtverwaltungsjurist, Rechtsamts-Chef Martin Pfeiffer, schickt die Miteigentümerin einer Immobilie und ein Anwaltsbüro vor, um gegen die Stadt zu klagen. Das Verwaltungsgericht Gera soll klären, ob Pfeiffers Meinung rechtens ist, dass ein Privatweg hin zu einer Pfeiffer-Immobilie als öffentliche Straße gelten muss. Die Fachleute für die Straßenverwaltung vom städtischen Eigenbetrieb KSJ sehen das jedenfalls anders als Pfeiffer.

Dahingestellt, in welche Richtung Justitia ihre Waagschale pendeln lässt! – Spätestens beim zweiten Nachdenken scheint der aufgekommene Grundsatz-Vorwurf absurd, dass hier Klage- und Beklagten-Partei ein und dasselbe seien. OB und Stadtverwaltung können nicht so blöde sein, eine derart – zugegeben: seltene – Konstellation durchgehen zu lassen. Das wäre Bananenrepublik pur. Und siehe, das Rechtsamt wurde in dem Fall komplett aus dem Rennen genommen. Als Rechtsvertreter der Stadt tritt der KSJ mit externer Fachanwaltskanzlei auf.

Rechtsfindung ist wie so oft unbequem und wenig populär, eingeschlossen, dass ein Stadtjurist in privater Sache eine andere Meinung als die Stadt haben darf. Pfeiffer erinnerte auch schon mal daran, dass laut Kommunalordnung vorberatende Gremien wie der Stadtentwicklungsausschuss nichtöffentlich tagen müssen. Wie unpopulär!

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