Gera. Nach dem Tötungsverbrechen an einer 87-Jähriger wurde der Angeklagte im Universitätsklinikum Jena umfangreich untersucht. Die Ergebnisse können den Prozessfortgang beeinflussen.

Die Altersdiagnostik beim Angeklagten im Mordfall Jena-Winzerla lässt offen, ob das Jugendstrafrecht für ihn infrage kommt. Ein Experte der Rechtsmedizin stellte fest, dass der Angeklagte aktuell mindestens 21,6 Jahre alt ist. Gesetzt den Fall, er hat das Tötungsverbrechen im Januar 2019 begangen, wäre somit nicht auszuschließen, dass er damals unter 21 Jahre alt war. Das hat weitreichende Folgen.

Die Rechtsmedizin ermittelte das Alter nach umfangreichen Untersuchungen am Universitätsklinikum Jena. Die Erhebung ergab keine Hinweise auf Krankheiten, die die Entwicklung beschleunigen oder verzögern. Das Handskelett ist vollständig ausentwickelt, woraus sich ein absolutes Mindestalter von 16,1 Jahren schließen lässt. Darauf aufsetzend erfolgte die computertomografische Untersuchung des Schlüsselbeines. Sie zeigte ein Mindestalter von 21,6 Jahren, also ein wenig älter als 21 Jahre und sieben Monate.

Der Angeklagte hatte im Januar in seiner Aussage angegeben, dass er nicht schon 24 Jahre alt sei, sondern erst knapp 22 Jahre. Das andere Datum sei nach der Ankunft in Deutschland festgelegt worden, sagte der Mann. Er selbst wisse nur, dass er an einem Freitag geboren worden sei. Die erste Strafkammer untersucht nun, ob es weitere Anhaltspunkte fürs konkrete Alter gibt.

Kommt die Strafkammer zur Auffassung, dass der Angeklagte tatsächlich zur Tatzeit unter 21 Jahre alt war, muss sie das Verfahren an eine Jugendkammer abtreten. Heißt: Das Verfahren beginnt erneut – dann nimmt auch die Jugendgerichtshilfe teil, um eine Einschätzung zur Reife des Mannes abzugeben. Bei Reifeverzug wäre auch eine Verurteilung nach dem milderen Jugendstrafrecht möglich.

Der Prozess arbeitet den Tod einer Rentnerin in Jena-Winzerla auf. Die Polizei hatte ihre Leiche im Januar 2019 in einem Koffer gefunden, der im Keller eines Mehrfamilienhauses versteckt war. In Verdacht geriet der Nachbar der Frau, der allerdings die Tat bestreitet. Ein Geldeintreiber, der ihn besucht habe, hat seiner Aussage nach die Rentnerin umgebracht. Entsprechende Ermittlungen laufen.