Zwei Umweltaktivisten haben sich am Freitagmorgen von einer Fußgängerbrücke über die A4 abgeseilt. Die Polizei ließ die Autobahn in Richtung Dresden sperren und ermittelt nun wegen des Verdachts des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Der Protest richtete sich gegen die Rodung von Teilen des Danneröder Forsts in Hessen. Teile des Waldes sollen dort der Autobahn 49 weichen.
Einsatz mit Feuerwehrleiter
Es war kurz nach 8 Uhr, als sich eine junge Frau (20) und ein junger Mann (22) von jener Fußgängerbrücke abseilten, die den Ortsteil Lobeda mit dem Gewerbegebiet südlich der Autobahn verbindet. Die zwei Aktivisten hätten in dem Seil gesessen, ohne in den Gefahrenbereich der Autobahn einzudringen, sagt ein Mitglied der Gruppe „Climate Climbers“ auf Anfrage der Redaktion. So liege zumindest keine Straftat vor. „Mobilitätswende jetzt“ war auf einem Transparent zu lesen, fünf weitere Aktivisten standen auf der Brücke und sicherten den Bereich.
Als die Polizei vor Ort eintraf, hing nur noch der 22-Jährige mit Seilen gesichert an der Brücke und weigerte sich, zurück zu klettern. Jenas Berufsfeuerwehr wurde alarmiert. Mit Hilfe einer Drehleiter gelangten Beamte der Autobahnpolizei und ein Kamerad der Feuerwehr zu dem Mann und brachten ihn dazu aufzugeben. Verletzt wurde bei der Aktion niemand.
Proteste gegen Rodungen
Anlass für die Proteste sind die Rodungen im Dannenröder Wald bei Marburg in Hessen. Dieser wird seit etwa einem Jahr von Waldbesetzerinnen und -besetzern bewohnt, die den Bau der Autobahn A49 verhindern wollen. Seit Anfang Oktober dieses Jahres wird in den umliegenden Wäldern geräumt und gerodet, seit etwa drei Wochen auch im Dannenröder Wald.
„Wir brauchen jetzt eine Mobilitätswende hin zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik. Es kann nicht sein, dass völlig unzeitgemäße Pläne von vor Jahrzehnten wie der Bau einer neuen Autobahn weiterverfolgt werden und ein gesunder, 300 Jahre alter Mischwald dafür gerodet wird. Ohne Verkehrswende kann das Pariser Klimaabkommen nicht eingehalten werden und es werden unumkehrbare Kipppunkte erreicht, die uns alle bedrohen“, zitiert die Pressemitteilung eine Aktivistin. Der „Danni“ sei längst zu einem Symbol für die gescheiterte Verkehrspolitik von Andreas Scheuer und der Bundesregierung geworden, heißt es weiter.
Zwei Anzeigen gestellt
Es ist nicht die erste Aktion, mit der die Gruppe Climate Climbers von sich reden macht: Sie besetzten auch zwei Bäume im Paradies, um auf eine in ihren Augen falsche Verkehrspolitik aufmerksam zu machen (wir berichteten).
Umweltaktivisten besetzen einen weiteren Baum in Jena
Sowohl gegen die 20-Jährige als auch gegen den 22-Jährigen wurde Anzeige wegen des Verdachts des Gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr eingeleitet. Die Richtungsfahrbahn Dresden konnte gegen 9.30 Uhr für den Verkehr wieder freigegeben werden. Durch die Abseilaktion und die erforderlichen Autobahnsperrung kam es zu Verkehrsbehinderungen mit mehreren Kilometern Stau.
Ähnliche Aktionen in mehreren Bundesländern
Ähnliche Aktionen fanden am Freitag gleich in mehreren Bundesländern statt: Etwa in Niedersachsen, Sachsen, Hessen, Thüringen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern seilten sich Menschen über Autobahnen ab, wie örtliche Polizeibehörden der dpa bestätigten. Neben der A4 bei Jena waren die Autobahn 7 bei Kassel, die A2 bei Braunschweig, die A4 bei Dresden sowie die A20 bei Tribsees in Mecklenburg-Vorpommern betroffen.