6.20 Uhr: Katastrophenfall in Jena wegen 6500 Haushalten ohne Fernwärme: Reparatur der Schadstelle gelungen

Tino Zippel, Thorsten Büker, rom
| Lesedauer: 9 Minuten

6500 Jenaer Haushalte ohne Fernwarme: Die Suche nach dem Leck

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Jena.  Der aktuelle Stand in Sachen defekter Fernwärmeleitung in Jena-Nord:

6.20 Uhr: Reparatur der Fernwärmeleitung gelungen:

Nach der Fernwärme-Havarie in Jena-Nord haben die Stadtwerke die Versorgung der betroffenen 6500 Haushalte wieder aufgenommen. In der Nacht war die Reparatur der defekten Leitung geglückt. Ein Spezialtrupp der Firma Streicher hatte gemeinsam mit Mitarbeitern des städtischen Unternehmens die Schadstelle gefunden und repariert. Bewohner berichten, dass die Heizung wieder warm wird und auch das Warmwasser wieder funktioniert.

Die Stadt Jena hatte am Mittwochabend den Katastrophenfall ausgerufen.

Große Teile von Jena-Nord waren von der Fernwärmeversorgung abgeschnitten. Rund 6500 Haushalte mussten ohne Heizungswärme und ohne heißes Wasser auskommen.

Am Abend wurde die Kreuzung Altenburger Straße / Naumburger Straße / Schützenhofstraße großflächig aufgerissen. Große Mengen an Wasserdampf entwichen aus der Erde. Gearbeitet wurde die ganze Nacht durch. Mehrere Anwohner brachten den Bauarbeitern warme Getränken. Die Kreuzung war voll gesperrt.

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Kreuzung aufgerissen: Gegen 21.30 Uhr mögliche Leckstelle gefunden

Gegen 21.30 wurde eine erste Stelle gefunden, aus dem möglicherweise das heiße Wasser entweicht. Daher wurde 500 Meter entfernt von der vermuteten Stelle des Lecks 125 Grad heißes Fernwärmewasser eingefüllt, um zu sehen, ob dadurch das Leck besser geortet werden kann. Die Hoffnung ist, das Leck danach provisorisch zu flicken. Das Stahlrohr an der vermuteten Stelle ist 35 Zentimeter dick. Zunächst muss dort die Ummantelung abgefräst werden.

Gegen 22 Uhr wurde eine 15 Zentimeter große Schadstelle gefunden: Es handelt sich um eine gerissene Schweißnaht zu einem Nebenrohr. Allerdings wird es noch Stunden dauern, bis diese repariert ist und ein Lasttest erfolgen kann.

Vor arbeiten etwa zehn Mann eines Havarie-Teams des Bauunternehmens Streicher Unterstützt werden die Arbeiten durch einen Saugbagger, der aus Katzhütte antransportiert wurde,

Corona-Regeln eingeschränkt

Entgegen der geltenden Corona-Einschränkungen ist es laut Stadt zulässig, wenn Angehörige eines Haushaltes sämtliche Angehörige EINES von der Kälte bedrohten Haushaltes aufnehmen. Eine entsprechende Allgemeinverfügung wird die Stadt Jena am Donnerstag erlassen. Diese Regelung gelte jedoch ab sofort. Die Stadt bittet alle, denen dies möglich ist, Verwandte, Freunde und Bekannte aus diesen von der Kälte betroffenen Haushalten aufzunehmen. Dabei sollten die üblichen Hygieneregeln eingehalten werden. Die Stadt selbst wird weitere Notunterbringungsmöglichkeiten in Turnhallen und Hotels organisieren. Bis die Wärmeversorgung wieder hergestellt ist, wird der Katastrophenfall aufrechterhalten.

Pflegebedürftige werden ins Seniorenheim in Winzerla gebracht

Mehrere Feuerwehren wurden am Abend im Gefahrenabwehrzentrum zusammengezogen, dazu sind Katastrophenschutzeinheiten alarmiert. Aus dem Saale-Holzland-Kreis bringen DRK-Katastrophenschutzeinheiten Decken und Heizlüfter. Das DRK hat sich zudem vorbereitet, pflegebedürftige Senioren in kurzfristige geschaffene Noteinrichtungen im Seniorenheim in Winzerla zu versorgen, sagte der Jenaer DRK-Chef Peter Schreiber.

Vor Ort waren die Feuerwehren aus Zeitz, Weißenfels, Weimar, Wethautal. Zudem war das THW im Einsatz.

Am Mittwoch um 15.45 Uhr informierte Stadtwerke-Sprecherin Sandra Werner, dass am Mittwoch keine Reparatur des Schadens zu erwarten sei und es mindestens bis in die Nacht keine Versorgung mit Fernwärme im betroffenen Gebiet geben werde. Eine Ersatzversorgung für die anliegenden Pflegeheime werde geprüft.

Die Bewohner der betroffenen Gebiete wurden aufgerufen, eine Unterkunft bei Freunden oder Bekannten zu suchen.

Vier Hotels stellen Zimmer zur Verfügung – Vergabe erfolgt zentral

Insgesamt sind 6500 Haushalte von der Havarie betroffen. Laut Bürgermeister Christian Gerlitz (SPD) hat die Stadt Jena inzwischen Zusagen von vier Hotels erhalten, kurzfristig Menschen aufnehmen zu können. Bis zu 400 Betten können kurzfristig bereitgestellt werden. Entsprechende Hilfsangebote werden zentral koordiniert. Zudem richtet die Stadt die Gemeinschaftsschule Wenigenjena als mögliche Notunterkunft ein.

Am späten Abend hieß es von der Feuerwehr, die die Häuser abgeklingelt hat, dass bei den betroffenen Bewohnern zumeist eine relativ entspannte Stimmung geherrscht habe - ob mit Glühwein oder auch einmal mit einem Kamin auf dem Fernseher. Nur einzelne Jenaer hätten die Notunterkünfte in Hotels aufgesucht.

Feuerwehr und Katastrophenschutz bauen Heißluftgebläse auf

Feuerwehren aus Jena und dem Burgenlandkreis bauten am Abend gemeinsam mit dem Katastrophenschutz aus dem Saale-Holzland ein Heißluftgebläse in einem Pflegeheim an der Camburger Straße auf.

Bürger-Hotline geschaltet

Jenaer, die eine Notunterkunft benötigen, sollen sich über die Bürgerhotline 0049 3641 49-5599 melden. Mieter von betroffenen Wohnungsgesellschaften werden durch diese direkt kontaktiert.

Die Stadt versucht, mobile Heizgeräte bereitzustellen, so dass möglichst viele in ihren Wohnungen bleiben können. Auch eine selbst organisierte, nachbarschaftliche Unterstützung mit mobilen Heizgeräten begrüßt die Stadt

Die Stadtwerke Jena konnten bis 15 Uhr die Schadstelle noch nicht finden, wie die Sprecherin sagte. Vor Ort sei ein Saugbagger eingetroffen, der zunächst das im Kanal stehende Wasser abpumpen soll. Dann hoffen die Einsatzkräfte, die eigentliche Schadstelle identifizieren zu können.

Straßenbahnverkehr eingeschränkt

Die Reparaturarbeiten im Zusammenhang mit der Fernwärme-Havarie in Jena-Nord haben auch Auswirkungen auf den Straßenbahnverkehr. So verkehren die Straßenbahnen der Linien 1 und 4 aktuell nur bis zur Haltestelle Altenburger Straße. Zwischen der Haltestelle Altenburger Straße und Zwätzen bietet der Jenaer Nahverkehr einen Schienenersatzverkehr mit Bussen an. Details zur Taktung auf den Linien 1 und 4 sowie den weiteren Bus- und Straßenbahnlinien des Jenaer Nahverkehrs und der JES finden Sie am Ende dieser Meldung.

Spezialtechnik zur Diagnose notwendig

Das Fernwärmewasser in den Leitungen ist im Zulauf auf 125 Grad Celsius erhitzt und hat im Rücklauf noch immer 50 Grad Celsius. Nach ersten Erkenntnissen steht das Wasser im Kanal fast einen halben Meter hoch, so dass Spezialtechnik zum Einsatz kommen muss. Zunächst war es schwierig, angesichts der Minusgrade schnell einen Saugbagger zu organisieren. Am Nachmittag traf das Spezialfahrzeug ein. Die Kreuzung zwischen Altenburger Straße und Naumburger Straße bleibt für die Bauarbeiten vollgesperrt.

Fenster und Türen schließen - In weiteren Wohngebieten nur mit Restwärme geheizt

Die Menschen in dem derzeit besonders betroffenen Bereich zwischen Emil-Höllein-Platz und Stifterstraße, außerdem die Wohngebiete Nord II bis Löbstedt, werden dringend gebeten, Fenster und Türen geschlossen zu halten und Vorkehrungen zu treffen, um die Wärme möglichst lange in ihren Wohnungen zu halten. Vorsorglich werden auch die Menschen in den Wohngebieten westlich der Naumburger Straße (Bereich Jena-Nord II bis Zwätzen) gebeten, sich ebenfalls weniger Heizwärme einzurichten. Das dortige Heiznetz arbeitet laut Stadt noch: Allerdings nur mit der im Netz vorhandenen Restwärme und mit Unterstützung der Wärme aus der Biogasanlage in Zwätzen. Vom Wärmenachschub aus dem Kraftwerk in Winzerla ist dieser Bereich ebenfalls abgetrennt.

So lange hält die Wärme in gut gedämmten Häusern

Am Morgen hatte eine große Dampfwolke über der Altenburger Straße in Jena-Nord gestanden. Die ersten Kräfte vor Ort vermuten ein Leck an der Hauptwärmeleitung, die deshalb ab Emil-Höllein-Platz abgeschaltet werden musste. Damit kommt es zum Ausfall bis Stifterstraße. Auch im Gebiet von Nord II ist die Wärmeleistung erheblich reduziert, weil dort nur noch die Wärme aus der Biogasanlage am Klärwerk Jena-Zwätzen anliegt. Bewohner der betroffenen Stadtgebiete sind angehalten, Fenster und Türen geschlossen zu halten, um ein Auskühlen ihrer Wohnungen zu verhindern. Experten gehen davon aus, dass in einem gut gedämmten Haus bei derzeitigen Außentemperaturen bis zum Donnerstagmorgen die Temperatur nicht unter 10 Grad Celsius sinkt.

Schule kündigt an, auf Notbetreuung zu verzichten

Die Montessorischule hat gegenüber den Eltern bereits angekündigt, dass sie aufgrund der Havarie am morgigen Donnerstag keine Notbetreuung anbieten kann.

Die Stadt informiert unter www.jena.de/havarie Eine Hotline für Betroffen gibt es unter: 03641 49-5599.

Wärmestube in Jena Nord

Das Gemeindehaus „Simon Petrus“ wird ab Donnerstag, 6 Uhr, als Wärmestube für jedermann geöffnet. Kirchenkreissozialarbeiter Ralf Kleist und weitere Helfer wollen in dem Gebäude an der Merseburger Straße 38 heißen Tee und Suppe anbieten. Das Haus befindet sich zwar inmitten des von der Fernwärmehavarie betroffenen Gebietes in Jena-Nord, verfügt aber über eine Erdwärmeheizung.

Havarie an Fernwärmeleitung in Jena-Nord

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