Studenten in Jena: Wohnst du schon oder suchst du noch?

Jördis Bachmann
| Lesedauer: 4 Minuten
Anne (links), Ellen und Saad studieren in Jena. Wie schwierig es ist, hier eine Wohnung zu finden, wissen alle drei genau.  

Anne (links), Ellen und Saad studieren in Jena. Wie schwierig es ist, hier eine Wohnung zu finden, wissen alle drei genau.  

Foto: Jördis Bachmann

Jena.  Der Studentenwohn-Report 2022 hat auch Jena berücksichtigt: Die Probleme sind nicht neu, aber sie verschärfen sich

Anne ist Lehramtsstudentin in Jena, sie geht 30 Stunden die Woche arbeiten in einem Pflegeheim, wo sie sich ihren Lebensunterhalt verdient. Sie lebt in einer Einraumwohnung, nach der sie länger suchen musste. Viele Vermieter wollten sie ohne Bürgschaft nicht nehmen. Ellen geht es ähnlich. Sie ist Biologiestudentin in Jena. Ein halbes Jahr lang suchte sie mit ihrem Partner nach einer Wohnung, oft erhielt sie nicht mal eine Absage, sondern wurde einfach ignoriert. Für Saad, der 2015 als syrischer Flüchtling nach Deutschland kam und nun Deutsch als Zweitsprache studiert, ist es noch schwieriger. Er wohnt derzeit in einer WG zur Zwischenmiete. Er zeigt einige Antworten auf seine Wohnungsanfragen, man kann sie als rassistisch bezeichnen, wenigstens aber als vorurteilsbehaftet. Studentenwohnen in Jena: Das ist von jeher ein schwieriges Thema. Doch die aktuelle Lage führt zur weiteren Verschärfung.

„Die Mietpreise für Studierende entwickeln sich seit einiger Zeit sehr rasant, nun verschärfen stark steigende Lebenshaltungskosten die Situation weiter. Dabei kommen viele Studenten nach der Corona-Krise und dem Wegfall zahlreicher Studierendenjobs finanziell gerade erst wieder auf die Beine. Punktuelle Entlastungen, etwa der Heizkostenzuschuss für Bafög-Empfänger oder Sonderzahlungen im Rahmen des dritten Entlastungspakets, sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender der MLP. Das ist das Fazit des Studentenwohnreports 2022, den der Finanzdienstleister MLP zusammen mit dem Institut der deutschen Wirtschaft vorgelegt hat. 38 Hochschulstandorte wurden betrachtet, darunter Jena. „Mangels finanzieller Rücklagen sind Studierende von den Preissteigerungen stärker belastet als der Durchschnittshaushalt“, heißt es im Report. Das gilt auch für die 18.000 Studenten der Friedrich-Schiller-Uni und 4500 Studenten der Ernst-Abbe-Hochschule.

In Jena kostet die studentische Musterwohnung 509 Euro im Monat

Nur 3184 dieser Studenten können in einer der 28 Wohnanlagen des Studierendenwerkes in Jena unterkommen. Die Nachfrage nach Wohnheimplätzen in Jena sei gerade zum Start des Wintersemesters hoch, heißt es vom Studierendenwerk: „Wir können leider nicht allen Interessenten einen Wohnplatz anbieten“, so Ulrike Erfurth vom Studierendenwerk. Man wünsche sich deshalb weitere Bautätigkeiten, auch mit Blick auf die Sanierung von Wohnanlagen. Die durchschnittliche Miete in den Anlagen des Studierendenwerks liege derzeit bei etwa 244 Euro, teilt Erfurth mit. Sie erhöht sich nun weiter: Um die steigenden Strom- und Heizkosten zu decken, werde eine Energiepauschale eingeführt. Konkret bedeutet das: Ab November zahlen alle Mieter zusätzlich 35 Euro pro Monat. „Wir werden die Energiepauschale schnellstmöglich wieder senken beziehungsweise aufheben“, verspricht Torsten Schubert, Geschäftsführer des Studierendenwerks Thüringen.

Durch den Anstieg der Energiepreise verschiebe sich außerdem die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt in Richtung kleinerer und günstigerer Wohnungen. Dies habe zur Folge, dass sich die Konkurrenz für studentisches Wohnen weiter verschärft, erklärt Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft. „Wir raten den Studenten, die nach kleinen Wohnungen suchen, zur Gründung einer WG“, sagt Gunnar Poschmann von Jenawohnen. Das Angebot an kleinen Wohnungen sei eher gering.

Im MLP Studentenwohnreport wurden für die verschiedenen Hochschulstandorte die Durchschnittsmieten einer „studentischen Musterwohnung“ berechnet. Dabei geht man von einer Wohnfläche von 30 Quadratmetern und einer Lage in direkter Umgebung zur Hochschule aus. Für Jena liegt diese errechnete Warmmiete für diese Musterwohnung bei 509 Euro. Anne freut sich, „da liege ich sogar noch ein kleines bisschen drunter“.

Über die allgemeine Sozialberatung biete das Studierendenwerk Informationen per Telefon, Videochat, E-Mail oder in Präsenz an. Themen wie Studienfinanzierung durch Erwerbstätigkeit, soziale Leistungen des Studierendenwerks oder auch Ansprüche auf Sozialleistungen werden hier besprochen. Beratungstermine können unter: asb@stw-thueringen.de vereinbart werden.