Gera. Zwei Angeklagte aus dem Saale-Orla-Kreis und dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt haben ein großes Geschäft aufgezogen und fühlten sich vermeintlich sicher.

Das Landgericht Gera hat am Freitag nach neun Monaten Prozess mit 38 Verhandlungstagen das Urteil gegen zwei Männer verkündet: Die dritte Strafkammer sprach wegen des Drogenhandels im großen Stil langjährige Haftstrafen aus.

Das Verfahren hatte im Juni 2023 begonnen. Die Staatsanwaltschaft legte den Männern aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt und dem Saale-Orla-Kreis zur Last, mit insgesamt 70 Kilogramm Drogen gehandelt zu haben.

Früherer NPD-Landtagskandidat bekommt längere Strafe

Ein früherer NPD-Landtagskandidat aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt muss wegen 33 Fällen des Drogenhandels in den Jahren 2020 und 2021 für zwölf Jahre in Haft. Die Staatsanwaltschaft hatte 14 Jahre Freiheitsstrafe für den 40-Jährigen beantragt, die Verteidigung wollte einen Freispruch erreichen.

Der zweite Angeklagte, 35 Jahre alt, ist der Strafkammer zufolge in zwölf Fällen des Drogenhandels im Jahr 2021 schuldig. Zudem handelte er in zwei Fällen unerlaubt mit Waffen, unter anderem an einer Tankstelle in Triptis. Das Gericht verhängt eine Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren. Die Staatsanwaltschaft hatte auf zwölf Jahre plädiert, die Verteidigung auf Freispruch.

Hohe Rückforderungen aus den Taterlösen

Zudem ordnete das Gericht an, dass beide Angeklagte aus den Taterlösen 640.800 Euro an den Staat zahlen sollen. Der ältere Angeklagte soll weitere 323.450 Euro Wertersatz leisten, der jüngere 8700 Euro.

Die Vorsitzende Richterin Heike Schwengber begründete die hohe Strafe wegen des Handels mit gefährlichen Drogen wie Crystal und Kokain – in einzelnen Fällen ging es um bis zu fünf Kilogramm. Die Angeklagten seien konspirativ vorgegangen, hätten Kryptodienste zur verschlüsselten Kommunikation genutzt und die Regionen in Thüringen mit Banden aufgeteilt. Auch haben die Mitglieder der Bruderschaft Thüringen, den Turonen, nach Überzeugung des Gerichtes extra eine Speditionsbande zum Transport der Drogen etabliert.

Entschlüsselte Kryptochats helfen, die Strukturen zu durchschauen

Die Kammer stützt ihr Urteil auf entschlüsselte Chatnachrichten verschiedener Kryptodienste, Kronzeugen und die Observationsergebnisse der Polizei. Die Kammer geht trotz ausstehender höchstgerichtlicher Entscheidungen von einer Verwertbarkeit der entschlüsselten Konversationen aus. Unter anderem kam ein Dienst zum Einsatz, den das FBI extra initiiert hatte, um Verbrecher zu fassen.

Madeleine Henfling, die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, kritisierte, dass das Gericht nicht den Forderungen der Staatsanwaltschaft gefolgt war. Es sei bedauerlich, dass der rechte Hintergrund der Bruderschaft Thüringen, der auch für die Durchführung des Betäubungsmittelhandels relevant sei, „nicht ausreichend berücksichtigt wurde“.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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