Rudolstadt/Neuhaus. In Kooperation mit dem Netzwerk Obenauf und dem Schülerforschungszentrum Rudolstadt hat das Gymnasium Neuhaus ein Angebot für Grundschüler aus den Landkreisen Saalfeld-Rudolstadt und Sonneberg ins Leben gerufen. Christian Tanzmeier, Lehrer am Gymnasium, berichtet:

„Das war echt cool.“ Mit diesem Lob bedachten neulich alle Viertklässler der Thüringer Gemeinschaftsschule „Am Rennsteig“ (TGS) nach Abschluss der erstmals als Pilotprojekt durchgeführten fünfstündigen MINT-Forschungslabore, was sie in den Räumen des Neuhäuser Gymnasiums erlebt hatten. Die weiterführende Bildungseinrichtung am Apelsberg hatte ein neues Projekt aus der Taufe gehoben und gemeinsam mit den Mädchen und Jungen der Klassenstufe 4 der TGS eine erfolgreiche Premiere absolviert.

Christin Beck und Annika Stauch bei der Vorbereitung der Experimente
Christin Beck und Annika Stauch bei der Vorbereitung der Experimente © SGN | Frances Höllein

Der Begriff MINT (Kurzform für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ist bekannt. Ebenso wie die Tatsache, dass MINT-Projekte schon im Grundschulalter fächerübergreifend Kreativität und Kompetenzen im Zuhören, Problemlösen und Einfühlungsvermögen fördern.

Das Gymnasium hat ein neues Projekt ausgearbeitet, bei dem Zehnt- und Elftklässler als „Lehrer/innen für einen Tag“ mit Viertklässlern aus verschiedenen Grundschulen im Einzugsbereich altersgerechte Experimente nahebringen und durchführen. Das Projekt läuft unter dem Motto „MINT- Forschungslabore für Grundschülerinnen und Grundschüler in und um Neuhaus am Rennweg“ für die Grundschulen der Landkreise Saalfeld-Rudolstadt und Sonneberg.

„Die Idee hatte ihren Ursprung eigentlich schon 2022“, erzählt Schulleiterin Bärbel Geyer. Bei einer Beratung im Schülerforschungszentrum in Rudolstadt hatte sie dort Versuchsanordnungen kennengelernt, die man als Schule kostenfrei ausleihen kann. Über Anne Thurau-Eschrich, Lehrerin am Gymnasium, die im Vorfeld über Jahre schon diverse MINT-Veranstaltungen organisiert und durchgeführt hatte, wurde der Kontakt schnell für den Unterricht intensiviert und erste Absprachen getroffen. Mit Schuljahresbeginn 2023/24 nahm dann die Idee mit Viertklässlern konkrete Formen an, wobei sich auch die MINT-Fachschaften der Schule intensiv mit einbrachten.

Netzwerk Obenauf ermöglicht den Grundschülertransport

Ein Problem blieb bis Anfang Januar 2024 immer noch die Frage des Transportes der Viertklässler aus nicht in Neuhaus ansässigen Schulen in den Landkreisen Saalfeld-Rudolstadt und Sonneberg zum Gymnasium und zurück. Dankenswerterweise hat sich das Netzwerk Obenauf bereit erklärt, die Fahrtkosten für entsprechende Busse zu übernehmen und so das Projekt zu unterstützen.

Beratungslehrerin Antje Fehrmann lud schließlich als erste Grundschüler die 33 Viertklässler der TGS Neuhaus zur Teilnahme an den MINT-Forschungslaboren ein. Diese benötigen ja keinen Bus. Gemeinsam mit ihren Grundschullehrerinnen und einer Integrationshelferin kamen alle voller Spannung ins Gymnasium.

Damit die Mädchen und Jungen schnell „warm werden“ und eventuelle Schüchternheit ablegen, hatten sich die Zehntklässler jeweils kindgemäße Methoden des Einstiegs in ihr jeweiliges Thema ausgewählt, wie zum Beispiel:„Glaubt ihr, dass hat ein Roboter zwangsläufig einen Kopf hat?“

Schnell kamen die Zehntkässler mit ihren Grundschülern ins Gespräch und übergaben ihnen Aufgabenblätter und kleine Thymio-Roboter. Schon beim Einschalten der Roboter begann deren Erforschung. Dass man sie mit Hand steuern und damit sogar geometrische Figuren zeichnen kann, beeindruckte die Viertklässler am meisten. Diese Roboter beherrschen sechs verschiedene Verhaltensmuster, die man an unterschiedlichen Farben erkennt.

Lena Lipfert, Emely Sophie Schmidt, Sibell Zinner und Leon Oelzner im Robotik-Projekt
Lena Lipfert, Emely Sophie Schmidt, Sibell Zinner und Leon Oelzner im Robotik-Projekt © SGN | Frances Höllein

Lego-Roboter spielten bei einem anderen Experiment eine wichtige Rolle. Die Laptops auf den Tischen wurden durch die Zehntklässler so vorbereitet, dass ihnen die Mädchen und Jungen die nötige Anleitung zum Zusammenbau ihrer Lego-Spike-Roboter, eigentlich ganz klassisch aus Lego-Steinen, entnehmen konnten. Bei den Viertklässlern kam diese Aufgabe ebenfalls sehr gut an.

„Die Lego-Technik-Roboter waren das Größte“, schwärmten sie. Dabei gefiel ihnen sowohl die kreative Tätigkeit beim Zusammenbau als auch das anschließende Wettrennen der kleinen gelben Flitzer auf dem Schulflur. Und, dass man die Geschwindigkeit vom Roboter am Laptop einstellen konnte.

MINT-Faktoren Rotkraut, Natron, Essigsäure und Soda

Einen Zungenbrecher zum Auflockern gab es anfangs im Chemieraum von den „Lehrerinnen auf Zeit“ aus der 10c: „Blaukraut bleibt Blaukraut und ...“. Dass sie hier für die Experimente mit Rotkohlsaft, Natron, Essigsäure und Soda mit weißen Kitteln und Schutzbrillen ausgerüstet wurden und somit „sehr wissenschaftlich“ wirken konnten, fanden die Viertklässler nebenbei besonders gut. Sogar Ausdrücke wie Säure, Base und ph-Wert merkten sie sich.

Feldlinienbilder von Spänen in Magnetfeldern, die Frage, welche Münzen magnetisch sind, und das Verhalten von Magneten zueinander oder etwa zu Büroklammern untersuchten die Grundschüler mit großem Interesse unter Anleitung ihrer „Lehrer“ aus der 10. Klasse.

Während die Viertklässler/innen jeweils den Raum wechselten, um neue Experimente in Angriff zu nehmen, hieß es für die „Lehrerinnen und Lehrer auf Zeit“ aus der 10c, alles wieder auf Anfang zu stellen, denn natürlich sollte auch die nächsten Gruppe ihre MINT-Aufgaben korrekt von Anfang an erledigen können.

Die Lehrerinnen Christin Beck und Annika Stauch mit Tyler-Noel Müller, Emily Scholz und Lina Kohlberg
Die Lehrerinnen Christin Beck und Annika Stauch mit Tyler-Noel Müller, Emily Scholz und Lina Kohlberg © SGN | Frances Höllein

Am Ende gab es für alle Viertklässler ein Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme am MINT-Forschungslabor. Und zusätzlich die Anleitung für ein Experiment, das sie zu Hause mit ihren Familien durchführen können. Auch diese Idee kam sehr gut an.

Die „Neulehrer“ aus der Schülerschaft erhielten bei Bedarf Unterstützung von ihren Lehrerinnen und Lehrern Vivien Grzib, Sabrina Walther, Antje Fehrmann und Sebastian Käppler. Und natürlich von Anne Thurau-Eschrich, die das Projekt maßgeblich organisiert und vorbereitet hatte. Mit vor Ort war auch Christina Heß, MINT-Koordinatorin und Ansprechpartnerin beim Schülerforschungszentrum Rudolstadt, das wiederum ein Projekt der Stiftung für Technologie, Innovation und Forschung Thüringen ist. Gemeinsam mit Anne Thurau-Eschrich wies sie die „Lehrer auf Zeit“ vorher in ihre Aufgaben ein.

Übrigens: Nicht nur die Viertklässler fanden den Projekttag cool, wie sie bei der kleinen Abschlussrunde äußerten. Auch die beiden Lehrerinnen der Gemeinschaftsschule, die ihre Schüler die ganze Zeit über begleiteten, waren äußerst positiv beeindruckt und betonten, sie kämen im nächsten Jahr gerne wieder. Ein großes Lob sprachen sie den „Lehrkräften auf Zeit“ der 10c für die professionelle Begleitung der Kleinen aus.

Auch die Gymnasiasten wurden um ein Feedback gebeten. Was ist gut gelaufen? Wo hatten die Grundschüler eventuell Probleme? Es habe viel Spaß gemacht, den Unterricht einmal von der anderen Seite zu erleben und dabei die Kinder für MINT-Themen zu begeistern, erklärten die Oberstufenschüler unisono.

Interesse aus Gräfenthal, Schmiedefeld, Meuselbach und Katzhütte

Bald schon soll das Projekt fortgesetzt werden mit Viertklässlern aus anderen Schulen der Landkreise Sonneberg und Saalfeld-Rudolstadt und anderen Zehnt- und Elftklässlern des Gymnasiums Neuhaus. Es dauerhaft zu etablieren, bringt Pluspunkte für alle Beteiligten. Neben weiteren Schulen aus dem Landkreis Sonneberg bekundeten die Grundschulen Gräfenthal, Schmiedefeld, Meuselbach und Katzhütte ihr Interesse an der Teilnahme an den MINT-Forschungslaboren.

So wird schon frühzeitig bei Grundschülern aus Neuhaus und Umgebung Interesse für MINT-Themen geweckt, was angesichts von Fachkräftemangel und relativ schlechten Ergebnissen der neuesten Pisa-Studie nur positiv sein kann.

Gleichzeitig erhalten Schüler der Klassenstufen 10 und 11 die Möglichkeit, altersangemessen Themen aus allen MINT-Bereichen zu erarbeiten, diese in kindgerechter Form vorzubereiten, durchzuführen und abschließend nachzubereiten. Und vielleicht entdeckt dabei ja sogar der eine oder die andere eine Vorliebe für den Lehrerberuf, was beim aktuellen Lehrermangel deutschlandweit sehr gut wäre ...

Bewegung in der Pause gehört zur Schule dazu

Im Rahmen des MINT-Projekttages gab es zur Komplettierung und Auflockerung zwischen den Lernmodulen eine Pause lang Sport und Spaß in der GutsMuths-Halle. Mit guten sportlichen Ergebnissen kann das Neuhäuser Gymnasium seit vielen Jahren aufwarten - und das in verschiedenen Sportarten vom Gerätturnen über Ballspiele bis zur Leichtathletik und hin zu Skikursen.

Dem Gymnasium ist an guten Lehr- und Lernbedingungen ebenso gelegen wie an Möglichkeiten zur körperlichen Fitness für ihre Schüler. Das erfuhren die teilnehmenden Viertklässler des MINT-Projektes der Gemeinschaftsschule in der großen Pause am ganz konkreten Beispiel. Die Sportlehrer hatten in der GutsMuths-Halle, die auch für den Sportunterricht genutzt wird, einen Parcours vorbereitet, der nicht sportliche Höchstleistungen forderte, sondern vielmehr vielseitige Bewegungsmöglichkeiten miteinander verband.

Zunächst führten zwei Gymnasiastinnen vor, was an welcher Stelle des Parcours gemacht werden sollte. Dann waren die Gäste aus der 4. Klasse an der Reihe. Auch hier übernahmen die Schüler der 10c die Aufsicht und gaben, so erforderlich, Hilfestellung, natürlich gemeinsam mit den Sportlehrern. Zwei Mal schafften die Mädchen und Jungen den für ihre Altersklasse teils anspruchsvolleren Parcours. Und sie hätten gerne noch weitergemacht, wäre nicht die Pause zu Ende gewesen.

Am Samstag, 24. Februar, wird es beim Tag der offenen Tür dort verschiedene Geräteturn-, Sport- und Tanzpräsentationen geben. Damit reiht sich das Gymnasium aktiv ein in das 6. Jahr des Schulsports in Thüringen. Die jungen Besucher waren jedenfalls von den Angeboten der Sportlehrer am MINT-Tag durchweg begeistert und haben bestimmt auch zu Hause davon berichtet.