Gera. Motorrad-Rennfahrer Stefan Bradl sorgt sich vor dem Deutschland Grand Prix am Wochenende um die Zukunft.

Stefan Bradl holte 2011 den Weltmeister-Titel in der Moto2. Wir sprachen mit dem 29-jährigen gebürtigen Augsburger über das Heimrennen am Wochenende auf dem Sachsenring, bei dem er kurzfristig startet, sowie Nachwuchsprobleme, etwaige Comeback-Ambitionen und das Schleizer Dreieck.

Jetzt starten Sie doch auf dem Sachsenring als Fahrer. Eigentlich sollten Sie doch als TV-Experte dabei sein?

Ich bin mir der Situation bewusst. Im letzten Jahr hatte sich schon einmal ein Honda-Fahrer vorher verletzt und ich bin kurzfristig für ihn eingesprungen. Jetzt hat es in Assen leider Jorge Lorenzo erwischt. Aber klar bin ich natürlich lieber als aktiver Rennfahrer auf dem Sachsenring dabei.

In Hohenstein-Ernstthal haben Sie 2013 ihre ersten Führungskilometer in der MotoGP gedreht. Was verbinden Sie mit der Traditionsrennstrecke?

Der Sachsenring ist immer etwas was Besonderes. Mit den Zuschauern, der Stimmung, der Atmosphäre ist das etwas Einzigartiges. Es ist schön, das Ganze als deutscher Fahrer genießen zu können.

Wobei als heimischer Pilot auch der Druck immer etwas größer ist, oder?

Das stimmt. Mein schönster Moment war, als ich 2008 in der 125er-Klasse zum ersten Mal auf dem Podest stand. Da ist dieser ganze Druck von mir abgefallen und ich konnte das Ganze auf der Ehrenrunde genießen.

2012 hat mit Sandro Cortese der letzte und einzige deutsche Fahrer in der Nachwendezeit in der Motorrad-Weltmeisterschaft einen Sieg feiern können. Was muss passieren, dass die Fans öfter Heimsiege bejubeln können?

Die Struktur muss verändert werden und die Verbände müssen sich mehr im Nachwuchs engagieren und mehr Talente fördern. Der Nachwuchs wird aktuell nicht genug herangeführt. Hier werden wir in den kommenden Jahren Probleme bekommen. Der nächste Marcel Schrötter ist nicht in Sicht. Hier muss man sich Gedanken machen und handeln.

Marcel Schrötter, der in der Moto2 startet, ist wahrscheinlich der einzige Deutsche am Wochenende mit Podestambitionen. Was trauen Sie ihm zu?

Er ist gut in die Saison gestartet. Jetzt sucht er ein bisschen den Anschluss. Aber er ist super motiviert und topfit. Ich traue ihm auf dem Sachsenring das Po­dium zu und würde es ihm auch wünschen. Den Speed hat er.

In Jerez sind Sie als Wildcard-Starter in dieser Saison schon Zehnter geworden. Weltmeister Marc Marquez lobt Sie immer in den höchsten Tönen. Ab wann sehen wir Sie wieder regelmäßig in der MotoGP?

Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Bin in einer guten Situation, bin sehr involviert ins Honda-Team und habe als Test- und Entwicklungsfahrer einen guten Stand. Die Chancen auf einen permanenten Stammplatz sind aber nicht so groß. Es liegt leider nicht in meinen Händen, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. In dem Sport kann vieles schnell passieren. Ich werde bereit sein, wenn es soweit ist.

Auch was die Superbike-WM angeht?

Ja. Ich werde hier das Acht-Stunden-Rennen in Suzuka bestreiten. In den nächsten Wochen wird es dann Gespräche geben, wie es 2020 weitergehen wird.

2005 haben Sie auf dem Schleizer Dreieck das IDM-Rennen gewonnen. Können Sie sich noch an Ihren Erfolg in Thüringen erinnern?

Natürlich, das war ein tolles Erlebnis. Das ist eine der ganz wenigen Naturrennstrecken, die ich in meiner Karriere gefahren bin.

Sie waren 15 Jahre alt. War das ein Startschuss für Ihre Laufbahn?

Ja. Der deutsche Meistertitel 2005 war für mich ein Sprungbrett. Nachdem ging es mit der Europameisterschaft und der Weltmeisterschaft weiter.

Wie wichtig sind solche Standorte wie Schleiz?

Sie sind die Grundvoraussetzungen. Aber das Problem in Deutschland bleibt die Nachwuchsförderung. Die fehlt völlig. Ich würde da auch meine Hilfe anbieten, habe aber auch den Eindruck, dass von Verband und den Förderern nicht genügend Interesse da ist. Jeder, der versucht, in den Sport zu kommen, muss sich selbst ein bisschen durchbeißen.

Zumal die Sachsenring-Fans ja auch heimische Fahrer sehen wollen.

Ganz genau. Deshalb verstehe ich auch nicht, warum in dieser Richtung so wenig unternommen wird. Der komplette Ansatz ist nicht da. Das Thema ist nur zum Sachsenring präsent, verläuft danach aber wieder im Sande. Und das ist traurig.

Wie ist eigentlich Ihr Tipp. Wer gewinnt das MotoGP-Rennen am Wochenende auf dem Sachsenring?

Ich tippe auf Marc Marquez. Der hat die Rennen auf dem Sachsenring in den letzten Jahren alle gewonnen und ist in einer sehr, sehr guten Form. Er ist der „King of the Ring“.