Fragebogen mit Dieter “Amigo“ Scheitler zur Serie 110 Jahre FCC : Der 69-Jährige berichtet, wie er mit dem FC Carl Zeiss Jena die Meisterschaften holte und wo gefeiert wurde.

Wie kommen Sie zu Ihrem Spitznamen "Amigo"?

Das ist ein historisches Rätsel. Vielleicht wegen meiner freundlichen Spielweise? Auf jeden Fall werde ich schon seit den Junioren so genannt.

Was war der größte Moment im Jenaer Trikot?

Meine erste Meisterschaft 1968 war die schönste. Ich hatte die meisten Tore geschossen, aber leider fehlten drei Treffer zum Torschützenkönig. Damals gab es bei Heimspielen nur Prämien, wenn wir gewonnen haben, was uns in allen 13 Heimspielen gelungen ist. Die Meisterschaft haben wir im Schwarzen Bären gefeiert. Der Zeiss-Generaldirektor hat uns im alten Hochhaus empfangen. Die Zeissianer reagierten irgendwie sehr unterkühlt auf die Meisterschaft.

Und was war der traurigste Moment?

Die Finalniederlage im Pokal im gleichen Jahr. Georg Buschner war schon mit unseren Frauen in den Urlaub nach Trassenheide an die Ostsee gefahren und hat seinem Co-Trainer die Vorbereitung überlassen. Diese Überheblichkeit - wir hatten zuvor nie gegen Union Berlin verloren - kostete uns das erste Double im DDR-Fußball. Ärgerlich ist, dass wir es dem jungen Trainer Hans Meyer so schwer gemacht haben. Sonst hätten wir in den 1970er Jahren noch zwei weitere Meisterschaften geholt.

Was verbinden Sie mit dem Verein?

Der FC Carl Zeiss Jena hat mich geprägt und mein ganzes Leben über begleitet. Nach der Wende fand ich einen Job bei der Techniker Krankenkasse, weil sie stolz waren, einen ehemaligen Fußballmeister als Mitarbeiter zu bekommen. Noch heute werde ich oft auf die damalige Zeit angesprochen. Ich bin stolz darauf, damals zu einer Mannschaft mit zehn National­spielern gehört zu haben.

Welche Persönlichkeit verbinden Sie mit dem FCC?

Georg Buschner. Er hat mir in Jena das Vertrauen geschenkt, weshalb ich mich nach der Armeezeit gegen ein finanziell deutlich besser dotiertes Angebot von Wismut Gera entschieden habe. Ich empfinde es als Schande, dass in Jena keine Büste an seine Leistungen erinnert. Als Baumeister der Jenaer Fußballkultur hat Buschner diese verdient.

Wann haben Sie das letzte Spiel gesehen?

Es war der Sieg gegen Union Berlin II. Ich gehe regelmäßig ins Stadion.

Wie bewerten Sie die aktuelle Situation beim Verein?

Leider war das ganze Spieljahr über keine Linie zu erkennen. Daher traue ich den Leuten, die das fachliche Sagen haben, den Aufstieg nicht zu. Die Mannschaft muss jetzt jedes Heimspiel gewinnen, um das Ziel zu schaffen. Man sollte nicht nur Jenaer Spieler verpflichten, die wir kennen, sondern wirkliche Verstärkungen holen.

Wo sehen Sie den FC Carl Zeiss in zehn Jahren?

So lange kann man im heutigen Fußball nicht vorausblicken. Es wird verdammt schwer, aus der vierten Liga rauszukommen. Zwar sehe ich gute Chancen, die Meisterschaft zu holen, falls RB Leipzig aufsteigt. Aber dann wartet noch die Relegation. Ich fürchte, dass das junge Jenenser Publikum eher auf den Basketball ausgerichtet ist und man sich gegenseitig wirtschaftlich das Wasser abgräbt. Die wirtschaftlichen Ressourcen in der Stadt sind leider begrenzt.

[#AKTION:FCC-Abo#]