Gera. Maik Brändel nimmt heute an den Hyrox World Championships in Oberhausen teil

Der 36-Jährige ist kein Hüne, ihm sieht man auch nicht das Kraftpaket an. Maik Brändel beißt sich durch. Er kämpft. Aufgeben sei für ihn keine Option. Da können die Muskeln noch so brennen. „Durchhalten ist Kopfsache.“ Er sieht sich gut vorbereitet, wenn er heute an den Start geht. Der Geraer nimmt in Oberhausen an den Hyrox World Championships in der Klasse 35 bis 39 Jahre teil. 800 Männer und Frauen in elf Altersgruppen messen sich in einem Parcours aus acht verschiedenen Disziplinen, jeweils unterbrochen von Ein-Kilometer-Läufen. Dazu gehören unter anderem ein Kilometer Rudern auf dem Ergometer, einen neun Kilogramm schweren Medizinball 100-mal hochwerfen, einen Schlitten mit 125 Kilogramm Last ziehen, Ausfallschritte mit Sandsack, einen Gewichtschlitten schieben und einen Kilometer auf dem Ski-Ergometer fahren.

Jeden Tag trainierte Maik Brändel bis zu zwei Stunden hinterm Haus, im Wald oder im Stadion bei jedem Wetter und immer in kurzen Hosen. Nur als ihn der Husten und Schnupfen plagte, setzte er aus. „Bringt dann nichts.“

Nach seinem vierten Platz im Hyrox-Vorausscheid im Februar dieses Jahres, will es der gelernte Rettungsassistent und jetzige Fitnesstrainer nun wissen. „Meine Einstimmung damals für Nürnberg war nicht optimal, weil ich mich kurzfristig entschieden habe mitzumachen“, gibt er zu. „Ich wollte den Ausscheid in einer Stunde und vier Minuten absolvieren. Am Ende lag ich bei 1:17. Ziel verfehlt“, blickte er nüchtern zurück. „Der Beste packte es in 1:09.“

Maik Brändel sucht unentwegt sportliche Extreme. Hyrox, ein 2018 in Deutschland ins Leben gerufener Wettkampf, bei dem jeder mitmachen kann, verbindet Kraft, Ausdauer und funktionelle Übungen. Das ist sein Ding. „Aber brutal schwer. Das Schlittenschieben zwei Mal 25 Meter mit 125 Kilogramm Gewicht darauf, strengte mich am meisten an, weil mir die Körpermasse fehlt.“ Er quälte sich und danach der Muskelkater in den Beinen. „Zur WM werden es 175 Kilo sein.“ Um dieses Gewicht zu stemmen, packte er Zuhause kurzerhand eine Europalette voll und zog sie immer und immer wieder über den Rasen. „Meine Priorität legte ich jedoch aufs Laufen, muss schneller werden.“ Seine Freunde aus der Laufgruppe „Papas Krieger“ unterstützten ihn bei den Vorbereitungen. Wikinger sind auf den T-Shirts zu sehen. Ein gutes Zeichen vielleicht. „Ich will in Oberhausen unter die ersten fünf Platzierten kommen.“

Warum piesackt sich der 36-Jährige so? „Grenzerfahrungen habe ich als Zeitsoldat im Afghanistan-Einsatz genug gemacht. Seitdem will ich schauen, was der Körper unter normalen Umständen aushält. Meine Motivation für sportliche Extreme hole ich aus einem positiven Erlebnis, das mich in einer Situation aufgebaut hat.“ Mehr will der Geraer darüber nicht erzählen.

Sein Leben bestimmte schon als Kind der Leistungssport. Der Vater war ein bekannter Boxer. Der Junge probierte viel aus. Mit neun Jahren stand der erste Kampf im Ring an. Brändel junior machte sich sehr gut, siegte oft. Talent und eiserner Wille öffneten ihm 1994 die Tür ins Sportinternat in Gera. Später gelang der Sprung in die Sportgruppe der Bundeswehr. Eine Daumenfraktur bei einem Box-Wettkampf brachte das Aus aber nicht für den Sport. „Ich bin viel gelaufen, machte Krafttraining, um Muskeln aufzubauen, weil ich so schmal war“, erzählt er lächelnd.

Nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr wurde er Fitnessfachwirt. Ausbildungen zum Personal-Trainer und Faszientrainer folgten und die Suche nach neuen Anstrengungen. Fast regelmäßig ist Maik Brändel bei Getting Tough in Rudolstadt dabei. Im Juni steht der 24-Stunden-Lauf in Reichenbach im Terminkalender. „Jeder kann das machen, die Entscheidung fällt im Kopf. Kleine Ziele setzen. Sind sie erreicht, einfach weitergehen.“

Eine Woche vor dem Wettkampf hat Maik Brändel seine Ernährung umgestellt, nur Eiweiß und viele gute Fette wie Avocado zu sich genommen. Und zwei Tage vor der Fahrt nach Oberhausen wurden lediglich Kohlenhydrate, also Kartoffeln, Nudeln und Dinkel gegessen.