Jena. Interview der Woche Extremläuferin und Ex-Fußballerin Laura Brosius gehört künftig zum Vorstand des FF USV Jena

Am Donnerstag wird Laura Brosius – aller Voraussicht nach – in den Vorstand des FF USV Jena gewählt. Die ehemalige Fußballerin, die einst die Kapitänsbinde des FF USV Jena trug, spricht im Interview der Woche über die durchwachsene Situation des Teams von Trainer Christopher Heck und warum es für reine Frauenmannschaften perspektivisch in der Liga immer schwerer werden wird. Außerdem sinniert die 30-Jährige, die in Berlin das Licht der Welt erblickte und in Potsdam aufwuchs, über ihre Extremlauf-Leidenschaft, Jena und auch über den Umstand, dass sie keine Sehnsucht mehr nach dem runden Leder verspürt.

Haben Sie in dieser Saison schon einmal einen – nun ja – erfreulichen, schönen Moment erlebt, wenn Sie denn den Spielen des FF USV Jena beiwohnten?

Die Freude hielt sich während der vergangenen Monate zweifelsohne in Grenzen – das muss ich ganz klar sagen. Das Spiel gegen den FC Bayern München hat mir imponiert, da hat mir die Einstellung gefallen. Das war der FF USV Jena, wie ich ihn immer sehen möchte, aber ansonsten …

Vor der Saison ließen Sie einmal durchblicken, dass es wohl sehr schwer werden wird, mit einem so jungen Team in der Liga zu bestehen. Haben sich Ihre Zweifel mittlerweile bestätigt?

Mit Blick auf die Tabelle definitiv. Es bedarf immer einer Person, die intern auf den Tisch haut, die einmal Tacheles redet. In der vergangenen Saison war das Susann Utes, doch sie steht nun einmal nicht mehr auf dem Platz. Demzufolge musste sich das Team neu finden, doch dergleichen bedarf einer gewissen Zeit. Ich hoffe, dass die Findungsphase nun abgeschlossen ist.

Sie wissen zumindest wovon Sie reden, schließlich hatten Sie auch einmal das Kommando auf dem Platz beim FF USV Jena inne. Haben Sie in den vergangenen Wochen und Monaten auch etwas Positives im Team ausmachen können?

Nun gut, da muss ich erst einmal klarstellen, dass ich ja nicht tagtäglich bei der Mannschaft bin. Ich habe aber durchaus den Eindruck, dass sich in den Wochen während der Winterpause doch hinsichtlich des Zusammenwachsens einiges getan hat. Ich glaube fast, dass man da während der eigentlichen Saisonvorbereitung im Sommer einiges verpasst hat. Natürlich ist es schwierig, mit den verbleibenden Spielen alles noch aufzuholen. Nichtsdestotrotz, ich merke stets, dass der Verein hinter der Mannschaft samt dem Verbleib in der Bundesliga steht. Ich denke oft an die vergangene Saison, als wir kurz vor dem generellen Aus standen und dann doch noch Kapazitäten generiert worden, bei denen ich mich am Ende fragte, wo die plötzlich herkamen. Es gibt nicht viele, die den Verein unterstützen, doch jene, die es tun, versuchen sehr viel auf die Beine zu stellen.

Kommt das Thema 2. Liga intern schon auf den Tisch?

Natürlich, da wird sehr viel darüber geredet.

Sie sprachen ja vorhin vom Zusammenwachsen der Mannschaft. Rührt daher auch die Idee für das „Tough Adventure Race“, welches am vergangenen Freitag über die Bühne ging?

Kann man so sagen. Ursprünglich sollte das ein sportliches Erlebnisevent nur für die U17 werden, doch ich dachte mir, dass wir da auch die U21 und die 1. Mannschaft mit ins Boot holen sollten, um den Zusammenhalt im Verein zu fördern. Mein Bruder Hagen und ich haben zusammen mit Peter Michalak, der diesbezüglich ein Experte ist, uns dann ein Konzept überlegt, mit dem wir schließlich die drei Mannschaften fordern können. Sie mussten Orientierungsläufe und Bergsprints absolvieren, mussten beim CrossFit auf Kalorienjagd gehen und Treppenläufe meistern. Beim großen Finale war schließlich kollektive Kraft vonnöten, mussten die einzelnen Mannschaften doch Autos ziehen.

Und wer hat gewonnen?

Das kann man nicht so eindeutig sagen, da es unterschiedlich Parameter gab. Das Auto, welches die 1. Mannschaft ziehen musste, war eben schwerer als jenes der U17. Ich denke, dass der gesamte Verein gewonnen hat, denn am Ende haben die Mannschaften gezeigt, dass sie willens sind. Immerhin mussten sie gut dreieinhalb Stunden miteinander leiden – und zwar jenseits des Platzes. Fußball stand dabei nicht im Fokus, vielmehr haben sie alle über den sportlichen Tellerrand geschaut.

Wie ist es denn in puncto Resonanz um den Frauenfußball in Jena bestellt?

Frauenfußball ist eine Nischensport– auch wenn das der DFB anders proklamiert. Es gibt ihn, er ist da, doch die Anerkennung hält sich doch sehr in Grenzen. Und dann gibt es eben noch die ganzen Auflagen vom DFB, die man am Ende fast nur stemmen kann, wenn die Frauenmannschaft im Fahrwasser einer Männermannschaft mitschwimmt. Reine Frauenmannschaften werden es künftig immer schwerer haben. Man sieht das ja bei Turbine Potsdam, die vor zehn Jahren noch an der Spitze standen, Meisterschaft und Champions League gewannen. Mittlerweile ist das nicht mehr so selbstverständlich, denn alle erfolgreichen Mannschaften bei den Frauen haben einen großen Bruder in der Bundesliga. Wolfsburg, Bayern München und wie sie alle heißen. Selbst so eine Traditionsmannschaft wie der 1. FFC Frankfurt wird wohl perspektivisch zur dortigen Eintracht wechseln, um bessere Rahmenbedingungen zu haben.

Sie sind also kein Fan von der Auflage, welche den FF USV Jena dazu zwingt, im Ernst-Abbe-Sportfeld zu spielen?

Da kommt keine Atmosphäre auf. In meiner ersten Saison 2010/11 haben wir auf dem Platz im Universitätssportzentrum gespielt, da waren immer so um 500 oder gar 600 Zuschauer da, die Atmosphäre war spitze. Uns würde auch der kleine Platz im Stadion-Areal reichen, auf welchem die U21 des FCC spielt.

Kommen wir einmal zu Ihnen. Ihre letzte Saison, die Sie für den FF USV Jena spielten, war 2014/15. Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal selbst gegen einen Ball getreten?

Ich glaube vergangenes Jahr im Winter. Da habe ich bei einem Ü30-Turnier ausgeholfen.

Es hat den Anschein, dass Sie das Fußballspielen nicht sonderlich vermissen würden.

Exakt. Ich habe andere Sportarten gefunden, die sich als guter Ausgleich zum Alltag bewährt haben.

Welche wären?

Hindernislauf beispielsweise. Künftig möchte ich mich auch im Triathlon versuchen.

Ist das aber nicht eine große Umstellung? Viele begeistern sich ja für Fußball, weil es aufgrund des Balles ja ein spielerisches Element gibt, man sich nicht gänzlich der Askese verschreibt?

Nun gut, an den klassischen Wald-und Wiesenläufen nehme ich auch hin und wieder teil, sie sind aber nicht meine Paradedisziplin. Deswegen bevorzuge ich ja Hindernisläufe. Da steht dann halt mal eine Wand vor dir, die du bewältigen musst. Das ist spannend und auch lustig. Zweifelsohne ist es eine komplette Umstellung, ging es doch beim Fußball in erster Linie um Schnellkraft, während bei meinen jetzigen Betätigungen Ausdauer das A und O ist. Außerdem agiert man alleine, ist selbst dafür verantwortlich, dass man den Weg vom Start ins Ziel findet.

Wir oft gingen Sie eigentlich bei „Getting Tough“ in Rudolstadt an den Start?

Fünfmal, mein Bruder indes sechsmal.

2019 lief es ja besonders gut.

Auf jeden Fall. Wir haben alles gewonnen. Mein Bruder bei den Männern, ich bei den Frauen und auch die Teamwertung konnten wir mit „Luigi and Friends“ für uns verbuchen.

Sie gehen ja stets in Rosa als Prinzessin Peach aus dem Super-Mario-Universum an den Start. Warum gerade diese Figur? Haben Sie als Kind gerne Videospiele gespielt?

Ja, Nintendo 64.

Hat Ihr Bruder eine Aktie daran, dass Sie sich mittlerweile dem Laufsport widmen.

Auf jeden Fall. Ich habe ihn 2014 bei „Getting Tough“ begleitet, konnte aber selbst noch nicht starten, da ich noch Fußball spielte. Ich war jedoch sehr angetan von dem Ganzen. Als ich meinen Vertrag beim USV auflöste, habe ich mich dann sofort angemeldet für den Lauf 2015.

Warum tun Sie sich das eigentlich an?

Das Schöne an diesen extremen Läufen ist, dass man nie vorhersagen kann, was einen erwartet. Man weiß nie, wie der Körper auf das kalte Wasser reagiert oder was für ein Hindernis plötzlich vor einem steht. Es mangelt nicht an Überraschungen – und das macht den Reiz für mich aus. Hat man die Ziellinie dann endlich überschritten, stellt sich dann auch ein ausgesprochenes Glücksgefühl ein. Das ist die große Belohnung für all die Mühen.

Ihr Bruder Hagen scheint für Sie eine sehr wichtige Person zu sein?

In der Tat, wir haben ein sehr inniges Verhältnis, sehen uns regelmäßig an den Wochenenden.

Seit nunmehr zehn Jahren leben Sie hier an der Saale. Würden Sie Jena als Ihre Heimat bezeichnen?

Ich fühle mich einfach wohl in Jena, und wenn man so empfindet, sollte man das auch zu schätzen wissen. Ich kann zwar jetzt noch nicht sagen, was kommt, aber derzeit sieht es danach aus, dass ich hier noch ein Stück verweilen werde.