Frankfurt. Die Deutschland-Tour der Radfahrer führt in diesem Jahr auch durch Thüringen. Die Schlussetappe geht von Eisenach nach Erfurt. Degenkolb, Kittel und Co. freuen sich auf das sportliche Großereignis.

Deutschlands Radsport-Stars treten eine Reise in die Vergangenheit an und kehren zu den Wurzeln ihrer Kindheit zurück. „Ich habe 1,5 Kilometer vor dem Ziel in Erfurt mal gewohnt. Da muss ich mir die Strecke vorher nicht noch einmal anschauen“, sagte John Degenkolb bei der Strecken-Präsentation der Deutschland-Tour in Frankfurt/Main mit Blick auf die vor einem Jahr wiederbelebte Etappenfahrt, die am 1. September an der Messe in der Landeshauptstadt endet und mit Eisenach eine weitere Thüringer Stadt auf dem 721 Kilometer langen Kurs einbindet.

Am 29. September wird die viertägige Rundfahrt mit 22 Mannschaften in Hannover gestartet und streift 30 Jahre nach dem Mauerfall ganz bewusst mehrfach das Grenzgebiet des einst geteilten Deutschlands. Ziel des ersten Abschnitts ist ein Ort im Harz, den die Radsportfans per Onlinevoting bestimmen können. Jede Etappe ist wie ein Klassiker gestaltet. Auch die Sprinter kommen zu Zuge.

Von Marburg in Hessen rollt der Tross am 30. August nach Göttingen, bevor die Tour endgültig die Thüringer Landesgrenze überschreitet. Auf dem Weg nach Eisenach führt der Kurs zunächst durch das Werratal, bevor eine Schleife rund um die Wartburg über die Hohe Sonne das packende Finale auf dem vorletzten Abschnitt einläutet. Tags darauf führt die Strecke zum Finale der Deutschland-Tour durch den Thüringer Wald gleich mehrfach über den Rennsteig.

Kittel: „Kenne von den Straßen jeden Zentimeter“

An den Schanzen im Kanzlersgrund vorbei hinauf zum Grenzadler erreicht das Peloton schließlich Oberhof, bevor die Strecke auch durch die Geburtsstadt von Marcel Kittel führt. „Hier kenne ich von den Straßen jeden Zentimeter. Meine Familie und Freunde wohnen dort“, sagte der in Arnstadt zur Welt gekommene Thüringer Sprinter vom Team Katusha-Alpecin. Sein Teamkollege Rick Zabel verbindet ebenso eine wichtige Etappe seiner Entwicklung als Radsportler mit Thüringen: „In Erfurt bin ich nämlich zur Sportschule gegangen.“

Die diesjährige Deutschland-Tour umfasst vier Etappen; zwei davon führen durch Thüringen. Erfurt bildet den Zielort. Grafik Andreas Wetzel
Die diesjährige Deutschland-Tour umfasst vier Etappen; zwei davon führen durch Thüringen. Erfurt bildet den Zielort. Grafik Andreas Wetzel © zgt

Die Organisatoren erwarten vier Wochen nach der Tour de France und einen Monat vor der Weltmeisterschaft im englischen Yorkshire eine starke Besetzung. Im vergangenen Jahr stand unter anderem der Tour-de-France-Gewinner Geraint Thomas (Großbritannien) im Aufgebot. Eine Chance bekommt aber auch der Nachwuchs. Vier Kontinental-Teams erhalten eine Einladung, weshalb sich das Thüringer Team P & S Metalltechnik eine Chance ausrechnet, ein Heimspiel im Konzert der Großen erleben zu dürfen.

Die Deutschland-Tour, die 2001 schon einmal in Erfurt gastierte, will ein Jahr nach ihrer Wiederbelebung die großen Massen bewegen. Thüringen erhofft sich dabei einen erheblichen Werbeeffekt, zumal ARD und ZDF im Gegensatz zum vergangenen Jahr diesmal ihre Berichterstattung komplett im Hauptprogramm ankündigten und bis mindestens 2021 von diesem Wettbewerb berichten.

Laut Thüringer Wirtschaftsministerium, das mit 350.000 Euro einen Großteil der Kosten für die Thüringer Etappe übernimmt, verfolgten im vergangenen Jahr 15 Millionen Zuschauer weltweit die Übertragungen des Radsport-Ereignisses.

Degenkolb will Deutschland-Tour gewinnen

Schon im Winter hatte John Degenkolb große Ziele für das neue Jahr angekündigt. Der gebürtige Geraer aus dem amerikanischen Team Trek-Segafredo sieht bei der WM im September gute Chancen und die Etappenfahrt in der Heimat als Turbo dafür. Nachdem seine Mannschaft im vergangenen Jahr fehlte, hat sie diesmal gemeldet, so dass Degenkolb mehr denn je auf eine Nominierung hofft.

„Ich will die Deutschland-Tour gewinnen“, sagte der 30-Jährige vor der Saison und pickte sich bei der Präsentation der Strecke gleich einen Höhepunkt heraus. „Die zweite Etappe von Marburg nach Göttingen wäre was für mich“, sagte Degenkolb und erntete gleich Widerspruch von seinem Kontrahenten Maximilian Schachmann, der im vergangenen Jahr bei der Deutschland-Rundfahrt den dritten Gesamtplatz erzielte.

Der 25-Jährige vom Team Bora-hansgrohe, gerade bei der Katalonien-Tour mit einem Etappensieg erfolgreich, wandte sich direkt an Degenkolb. „Ich will dich ja nicht enttäuschen, auch für mich sieht dieser Abschnitt interessant aus“, sagte der Berliner mit einem kecken Grinsen im Gesicht.