Hermsdorf. Für den SV Hermsdorf beginnt das neue Jahr, wie das alte endete - mit einer Niederlage. 25:28 unterliegt das Team von Mario Kühne und Tobias Högl gegen den HSV Apolda und gibt weiterhin das Schlusslicht in der Mitteldeutschen Oberliga. Für einen jungen Kreuzritter war es jedoch eine besondere Begegnung.

Bloß schnell raus. Erst einmal den Frust irgendwie abbauen. Am besten bei einem Lungenbrötchen und einem Bier – und so verließ Sebastian Hammer umgehend die Werner-Seelenbinder-Halle am Samstagabend. Ob der knackigen Temperaturen hatte er sich kurzerhand eine dicke Jacke angezogen, während er untenrum noch seine Waden präsentierte. Mit zackigem Schritt war er gen Ausgang unterwegs, wo bereits sein Freund und langjähriger Weggefährte Maximilian Remde auf ihn wartete. Gemeinsam wollten sie bei einer Zigarette das Derby gegen den HSV Apolda auswerten - und Zigaretten waren wahrlich vonnöten, schließlich hatten die Kreuzritter nur ein paar Minuten zuvor mit 25:28 (14:14) gegen den Dauerrivalen aus der Glockenstadt verloren...

Während nun Sebastian Hammer mit versteinerter Miene querfeldein durch die Halle marschierte, skandierten die HSV-Schlachtenbummler immer noch inbrünstig: „Hier regiert der HSV! Hier regiert der HSV!“ Polternder Hohn an der eigenen Wirkungsstätte - naturgemäß schmerzt dergleichen nach einem verlorenen Derby noch eine Idee mehr...

Sebastian Hammer ließ die Fans hoffen

Hammer wiederum, der nunmehr seine siebte Spielzeit für den SV Hermsdorf absolviert, ließ die Fans der Kreuzritter gut zehn Minuten vor Ultimo ungemein hoffen. Dank zweier Tore binnen 50 Sekunden gelang es ihm, den Rückstand der Gastgeber auf die Handballer aus der Glockenstadt auf lediglich zwei Tore (19:21/50.) zu reduzieren. Doch 25 Sekunden nach dem zweiten erfolgreichen Abschluss des Flügelflitzers war die Aufregung auf dem Feld und auch auf der Tribüne plötzlich groß: Apoldas Lars Langer lag auf dem Boden, während Adrian Sivic, sein direkter Gegenspieler am Hermsdorfer Kreis, seine Unschuld beteuerte. Es nützte ihm nichts – er sah die Rote Karte und musste das Feld verlassen.

Letztlich waren es die folgenden fünf Minuten, in denen die Gäste die Begegnung in der Mitteldeutschen Oberliga endgültig zu ihren Gunsten drehten: Sie bauten bauten ihre Führung von 22:19 (51.) auf 25:20 (55.) aus. Gleichzeitig gelang es den Spielern von Mario Kühne nicht, sich in jener Phase gegen die Apoldaer Defensive durchzusetzen: Felix und Fritz Reis, Hannes Rudolph oder Sebastian Hammer – allesamt rieben sie sich an ihr auf. Lediglich einer der jüngeren SVH-Akteure war während jenes Abschnitts erfolgreich: Lion Reuther. Der 19-jährige Abiturient traf zum temporären 20:22 (52.) und später zum 21:25 (56.).

Am Ausgang der Partie sollten jedoch auch die Tore von Reuther nichts mehr ändern, zumal die Zuversicht aufseiten der Gäste mit jedem erfolgreichen Abschluss während der ausstehenden zehn Minuten stetig wuchs – insbesondere auf der HSV-Bank: Mit jedem weiteren Treffer, der ihren Mitstreitern auf dem Feld gelang, fiel der Jubel entlang der Außenlinie eine Idee euphorischer aus. In schöner Regelmäßigkeit lagen sich die Apoldaer in den Armen. Ganz zu schweigen von den mitgereisten Fans, die sich mit den SVH-Trommlern einen regelrechten Wettstreit – jüngere Zeitgenossen würden von einem Battle sprechen – lieferten.

Abwehraktion von Kristijan Smiljcic besaß Symbolcharakter

Spätestens als Kristijan Smiljcic einen langen Ball von SVH-Keeper Torge Dunst, der an Hannes Rudolph adressiert war, spektakulär abfing, herrschte wohl in beiden Lagern Klarheit darüber, wer an diesem ersten Spieltag des Jahres 2024 als Sieger den Platz verlassen wird. Ja, die Abwehraktion des einstigen Hermsdorfers, der mit sieben Toren der erfolgreichste HSV-Akteur war, besaß einen nicht zu leugnenden Symbolcharakter …

„Es war heute mehr drin für uns - definitiv. Meine Jungs haben gekämpft, doch letztlich waren wir im Angriff zu inkonsequent“, resümierte Mario Kühne, der gegen Apolda auf den angeschlagenen Kevin Elsässer-Pech verzichten mussten.

Als nun Lion Reuther nach der Begegnung sichtlich abgekämpft auf einer Bank am Spielfeldrand ausharrte, kam Trainer Tobias Högl auf ihn zu und beglückwünschte ihn gar herzlich zu seiner Leistung – und so vermischten sich Enttäuschung und Freude bei dem Nachwuchs-Handballer, der erstmals beim einem Derby in das Geschehen auf dem Feld eingreifen durfte. Gut 17 Minuten stand er während des zweiten Aktes aktiv in der Pflicht. Für das Rückspiel gegen Apolda in der Saison 22/23 gehörte er zwar zum SVH-Aufgebot, kam in der Fremde jedoch nicht über ein reines Reservisten-Dasein hinaus.

Lion Reuther hatte mit Nervosität zu kämpfen

„Ich habe noch nicht so oft vor den ganzen Fans gespielt, daher war ich schon sehr aufgeregt. Es war natürlich eine tolle Erfahrung für mich, zumal ich auf der linken Seite im Rückraum und auch auf der Mitte spielen durfte“, sagte der Reichenbacher, der ansonsten für die Hermsdorfer A-Jugend in der Oberliga aufläuft und sich seit seinem siebten Lebensjahr dem Handball widmet. Und ja, Tore zu erzielen, fühle sich verdammt gut an. Mittlerweile habe er sich auch bei den Kreuzrittern eingelebt. „Sie sind wie eine große Familie. Es macht ungemein Spaß.“

Doch bei aller Freude über das Vertrauen und das Lob seitens des Trainer-Gespanns schmerze die Niederlage – zumal es sich bei Apolda um einen Gegner gehandelt habe, der ebenfalls ums Überleben in der Mitteldeutschen Oberliga kämpfe. „Zwei oder zumindest ein Punkt wären schon wichtig gewesen“, gab Lion Reuther zu bedenken. Doch Niederlage hin, Niederlage her - der juvenile Kreuzritter wollte nicht den Schwarzmaler in Reinform geben und verwies mit seinem nächsten Atemzug noch auf einen positiven Aspekt: „Wir haben bis zum Schluss gekämpft; haben niemals aufgegeben – darauf können wir stolz sein.“