Berlin. Bahntickets kaufen die meisten Fahrgäste in der Navigator-App der Bahn. Doch Fahrkarten anderer Unternehmen sind dort kaum erhältlich. Ein Start-up wendet sich deshalb ans Bundeskartellamt.

Die Navigator-App der Deutschen Bahn ist für viele Fahrgäste der erste Anlaufpunkt, wenn es um den Kauf von Fahrkarten geht. Doch wer mit einem anderen Anbieter fahren will oder Fahrten ins Ausland sucht, kommt auf der Plattform nicht weit.

Verbindungen etwa des Konkurrenten Flixtrain oder des Nachtzuganbieters European Sleeper (ES) werden in der App zwar angezeigt. Eine Preisauskunft oder gar eine Kaufmöglichkeit gibt es nicht. Das Start-up European Sleeper, das seit einem knappen Jahr eine Nachtzugverbindung zwischen Berlin und Brüssel anbietet, will deshalb das Bundeskartellamt einschalten.

„Es wäre überhaupt kein technischer Aufwand, auch unsere Fahrten auf den digitalen Plattformen der Bahn anzubieten“, sagte Mitgründer Elmer van Buuren der Deutschen Presse-Agentur. Dem Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn müsse daran gelegen sein, den Bahnverkehr in Deutschland als Ganzes voranzubringen und nicht nur die Angebote des eigenen Unternehmens. „Wenn der Bund eine Bahn besitzt mit einer Verkaufsplattform, die so bekannt ist wie der DB-Navigator, dann ist die sehr geeignet dafür, diesen Wandel Richtung Zug mitzugestalten.“

In anderen Ländern bereits möglich

In Belgien und Tschechien seien die ES-Tickets bereits auf den Plattformen der dominierenden Bahn-Anbieter zu kaufen. Doch trotz jahrelanger Gespräche verwehre die Bahn weiter einen Vertrieb der Konkurrenz-Tickets. European Sleeper werde sich deshalb in den kommenden Wochen mit einem Brief an das Kartellamt wenden, kündigte van Buuren an. Die Behörde solle prüfen, ob die Bahn ihre Haltung nicht aufgeben müsse.

Dabei macht van Buuren kein Geheimnis daraus, dass es ihm auch um eigene wirtschaftliche Interessen geht. „Dass die Bahn sich weigert, unsere Tickets zu verkaufen, bedroht langfristig unser Bestehen“, betonte er. „Wir sind ein junges Unternehmen. Wir brauchen jeden Ticketverkauf, um weiterzumachen.“ ES sei auf die Vertriebsplattform der Bahn angewiesen. In der kommenden Woche erweitert das Unternehmen seine Verbindungen von Berlin aus in Richtung Prag.

Die Deutsche Bahn ist gesetzlich verpflichtet, über Verbindungen auch anderer Unternehmen diskriminierungsfrei Auskunft zu erteilen. Bei der Buchbarkeit von Tickets ist das nicht so. Dabei entscheide der Konzern „auf Basis unternehmerischer Entscheidungen, mit wem sie kooperiert“, teilte eine Sprecherin mit. „Im Fall des European Sleeper werden die Verbindungen selbstverständlich angezeigt. Eine Vertriebskooperation ist aktuell nicht geplant.“

Flix: „Marktbeherrschende Stellung“

Bereits seit Jahren macht die Reiseplattform Flix der Bahn im Fernverkehr Konkurrenz. Die Tickets für die grünen Züge können bisher ebenfalls nicht über den Navigator gekauft werden. „Die Vertriebskanäle der DB haben eine marktbeherrschende Stellung. Für Züge gibt es keine Alternative in Deutschland“, teilte das Unternehmen mit. „Daher müssen auch alle Anbieter gleichermaßen angezeigt werden und buchbar sein. Aktuell ist das im Fernverkehr nicht der Fall. Es herrscht entsprechend Handlungsbedarf.“

Das sieht auch der Fahrgastverband Pro Bahn so. „Wir sind der Meinung, dass der Vertrieb von Bahnfahrten, egal von welchem Eisenbahnverkehrsunternehmen, auf einer zentralen Plattform angeboten wird“, sagte der Vorsitzende Detlef Neuß der Deutschen Presse-Agentur. „Das darf ruhig der DB Navigator sein.“

Wenn Züge Landesgrenzen passieren

Pro Bahn geht es insbesondere auch um Fahrten ins europäische Ausland. Wer etwa von Aachen zu einer Konferenz nach Barcelona fahren will, muss für jeden Reiseabschnitt im jeweiligen Land eine separate Fahrkarte beim entsprechenden Anbieter kaufen. „Wenn dann irgendein Anbieter entlang dieser Reisekette nicht fährt oder Verspätung hat, dann stehen Sie dumm da und müssen eine neue Fahrkarte kaufen“, sagte Neuß.

Das Problem aus seiner Sicht: Es fehlt eine Einigung zwischen den unterschiedlichen Verkehrsunternehmen besonders mit Blick auf die Fahrgastrechte. Es brauche einen Ausgleichsmechanismus für Fahrgastentschädigungen zwischen den Unternehmen, wenn etwa ein Kunde aufgrund einer Verspätung der Deutschen Bahn seinen Anschlusszug der französischen Staatsbahn verpasst. „Das kann man nur gesetzlich regeln“, sagte Neuß.