Korbußen. Lento aus Korbußen ist in Deutschland ein gefragter Spezialist für ergonomische Sitzmöbel.

Langes Sitzen im Büro, bei Behörden oder vor dem Fernseher ist Gift für den Rücken. Irgendwann schmerzt er. „80 Prozent unserer Muskeln, unseres Skeletts erkranken, weil wir zu viel sitzen“, sagt Uta Felsch, Vertriebsleiterin. Dieses Wissen macht sich eine kleine Firma im Gewerbegebiet Korbußen zu Nutze. Sie kümmert sich um den Rücken, bevor er ein Fall für den Arzt wird. Lento GmbH & Co. KG entwickelt seit 14 Jahren aktive Bürostühle.

Lento aus Korbußen ist in Deutschland ein gefragter Spezialist für ergonomische Sitzmöbel. Foto: Ilona Berger
Lento aus Korbußen ist in Deutschland ein gefragter Spezialist für ergonomische Sitzmöbel. Foto: Ilona Berger © zgt

Ein Möbel sorgte im vergangenen Herbst für Furore. Es wurde auf der Orgatec-Messe für moderne Arbeitswelten in Köln dem Fachpublikum vorgestellt. Dort präsentierten mehr als 750 Aussteller ihre Neuheiten. Die Korbußener zeigten die neue Lento-Stuhlfamilie „agilis Ma­trix“. Bis zur Markteinführung mit Patentierung habe die Entwicklung dieser Drehstuhlserie vier Jahre gedauert.

„Es war ein Kraftakt“, so Mario Felsch, geschäftsführender Gesellschafter. „Die Rückenlehne ist wie ein Wirbelkörper aufgebaut und macht jede Bewegung des Sitzenden mit. Durch das Zulassen der Rotation können Schulter- und Nackenschmerzen vermieden werden. Auch die Sitzfläche ist nicht starr, neigt sich frei. Weil Nutzer eh kaum Hebel und Knöpfe am Stuhl bedienen, haben wir sie ganz weggelassen“, erklärt der Chef.

Im Innovationszentrum der Firma in Lauf an der Pegnitz, das seit 2013 dort beheimatet ist, wurde am Stuhl gearbeitet und dieser mit dem Sportmediziner Johannes Egelseer entwickelt. Das Design stammt von Justus Kolberg aus Hamburg.

Die Innovation der Kor­bußener Firma nahmen auf der Messe vor allem asiatische Besucher ins fotografische Visier. Mit Ideen-Klau können immense Entwicklungskosten gespart werden. Ein Problem der Branche, mit dem auch Lento schon Erfahrung gemacht hat. Ein Schweizer Unternehmer fand beispielsweise den Stuhlvorgänger „agilis“ interessant und nachahmenswert. Der Eidgenosse hatte bei einem Zulieferer die besondere Lento-Rücklehne des Stuhles gesehen und das Innenleben plagiiert. „Da unsere Branche nicht sehr groß ist, spricht sich so etwas schnell herum“, sagt Mario Felsch. „Ich habe den Schweizer Stuhl gekauft, zerschnitten und gesehen, dass die Bohrungen eins zu eins unseren glichen. Beim Polster hatte die Firma allerdings die falsche Mischung.“ Nun muss diese Lizenz zahlen.

Lebensdauer bis zu zehn Jahren

Wie bei allen Stühlen erfolgen Endmontage und Versand in Korbußen. Produktionsleiter Mike Ast schraubt gerade die Rückenlehne an einen „agilis“. Der Kunde bekommt den rückenfreundlichen Stuhl komplett geliefert. Er braucht ihn nur auszupacken und hinzustellen, ohne nervende Aufbauanleitung. Im Durchschnitt verlassen pro Tag 65 bis 100 Stühle die Halle im Gewerbegebiet. „Die Lebensdauer unserer Sitzmöbel beträgt acht bis zehn Jahre bei einer täglichen Nutzung von acht Stunden.“ Mario Felsch zeigt auf einen grünen Stuhl. „Der ist sechs Jahre alt und wird repariert.“ Ein Zeichen guter Qualität, alles „Made in Germany“, ob Polster, Bezüge, Fußkreuze oder Metallgestelle, die von verlässlichen Zulieferbetrieben kommen. All das schätzen die Kunden.

Lento-Produkte, dazu gehören auch komplette Büroeinrichtungen, sind vor allem in Süd- und Mitteldeutschland gefragt, gehen nach Skandinavien, Belgien, Frankreich und in die Schweiz. Erfolg, der hart erarbeitet werden musste.

lento GmbH & Co. KG                                               Weidenring 1 07554 Korbußen Foto: Kristina Kroße
lento GmbH & Co. KG                                               Weidenring 1 07554 Korbußen Foto: Kristina Kroße © zgt

Es war ein steiniger Weg, der vor Uta und Mario Felsch lag, als sie sich entschlossen, wieder in ihre Heimat zu ziehen. Sie wollten sich etwas Eigenes aufbauen. Mit Ergonomie hatten sie sich schon bei ihrem früheren Arbeitgeber in Frankfurt am Main beschäftigt. Mario Felsch gründete 2005 die Lento GmbH & Co. KG, ein Ein-Mann-Unternehmen, in einer alten Produktionshalle in Gera-Liebschwitz. Mit einem Bürostuhl ging es los. „Zu Hause haben wir überlegt, dass sich der Sitz getrennt vom Rücken bewegen soll.“

Es war ein schwieriger Start. „Viele meinten, ich sei verrückt“, erinnert sich Mario Felsch. Banken schlugen die Tür bei der Frage nach einem Kredit zu. „Also verkauften wir unser Haus in Frankfurt und steckten alles Geld in die Firma. Meine Frau hat die Kunden akquiriert. Sie nutzte die Kontakte in Süddeutschland, einem Gebiet mit großer Kaufkraft. Gemeinsam verpackten wir Stuhl um Stuhl in Kartons und verschickten diese.“ Felschs Ausdauer, Beharrlichkeit und Qualität hinterließen Spuren.

Die Auftragsbücher wurden voller und voller, die Produktionshalle zu klein. Das Unternehmen baute und zog 2011 ins Gewerbegebiet Korbußen, wuchs weiter.

„Ohne unsere tollen Mitarbeiter wäre und ist ein solcher ­Erfolg nicht denkbar“, bekräftigt Mario Felsch. Heute ist das Unternehmen Lento ein gefragter Spezialist bei ergonomischen Möbeln.

Mit der Reihe „agilis Matrix“ wurde die fünfte Generation der „gesunden Stühle“ geboren.

Das Unternehmen in Ostthüringen

  • Name: Lento GmbH & Co. KG
  • Standort: Weidenring 1, 07554 Korbußen
  • Geschäftsführer: Mario Felsch
  • Umsatz: rund fünf Millionen Euro
  • Beschäftigte: insgesamt 31, davon acht am Standort in Lauf an der Pegnitz
  • Auszubildende: zurzeit keine
  • Produkte: Spezialist für aktives und gesundes Sitzen mit Produkten rund um die ergonomische Büroeinrichtung
  • Internet: www.lento.de

Es sind nicht nur die großen Namen, die die Unternehmerlandschaft in Ostthüringen prägen und ausmachen. Auch viele kleinste, kleine oder mittlere Firmen leisten Erstaunliches für die Volkswirtschaft. Manchmal sind sogar heimliche Gewinner, sogenannte Hidden Champions, darunter. Die OTZ stellt wöchentlich Betriebe und Dienstleister aus Ostthüringen vor.