Lohma. Mit Hausschlachtung und Regionalität besetzen Heilmanns in Lohma eine Nische. Jetzt gibt es ihre Produkte auch online.

Um fünf Uhr morgens beginnt für Steffen und Cristin Heilmann, Sohn David und Schwiegertochter Nicole der Arbeitstag in der Fleischerei in Lohma bei Nöbdenitz im Altenburger Land. Hauptsächlich montags und dienstags mit Schlachtungen. Unterstützt werden sie dabei von Gesellen des Fleischerhandwerks. Die restlichen Tage der Woche gehören der Wurstproduktion.

Der Familienbetrieb hat sich auf Hausschlachtungen spezialisiert, setzt dabei auf kurze Wege, Regionalität, Partner und Zulieferer vor Ort. Kleine Landwirtschaften aus der Schmöllner Region gehören ebenso dazu wie Bauer Jörg Franke aus Schloßig oder die Agrargenossenschaft Nöbdenitz. Das Unternehmen lässt bei Heilmanns nicht nur seine Schweine schlachten. Als Produzent für Heil- und Gewürzpflanzen liefert es auch die meisten Zutaten für die Lohmaer Wurstspezialitäten nach hauseigenen Rezepten.

Handwerk von der Pike auf gelernt

„Schon mein Vater hat Hausschlachtungen gemacht“, erzählt Steffen Heilmann. Mit ihm gründete der heute 53-Jährige 1983 den Familienbetrieb, lernte das Handwerk von der Pike auf. Dass er den Meister gleich an seine Lehrausbildung in der Gößnitzer Fleischerei Stötzner anschloss, stand für ihn fest.

Im Land der volkseigenen Betriebe war die Gründung des Familienbetriebes relativ einfach. „Damals wurden Bäcker und Fleischer gebraucht“, erinnert sich Steffen Heilmann. Die Selbstständigkeit als Fleischermeister zu DDR-Zeiten empfindet er rückblickend als leicht. Viel leichter jedenfalls als nach dem Ende des real existierenden Sozialismus: „Vor der Wende gab es keine Discounter, keine Wurstproduktion im Industriemaßstab, keinen Preisdruck.“

Mit Hausschlachtungen führte Steffen Heilmann, der 1990 den Betrieb übernahm, die Tradition seines Vaters fort. 1998 investierte er für das eigene Schlachthaus in Lohma. 2009 ein weiterer großer Schritt: 150.000 Euro steckte er in die Firma, damit er die EU-Zertifizierung für Kleinschlachtbetriebe bekam. Baulich musste dafür viel verändert werden. Um das zu stemmen, nahm das Unternehmen einen Kredit auf. Der ist bald abgezahlt: „Nächsten Monat ist es so weit“, sagt Heilmann nicht ohne Stolz.

Lukas Krüger aus Schmölln ist im dritten Lehrjahr und wird Fleischer. Hier schlachtet er mit Steffen Heilmann eine Kuh. 
Lukas Krüger aus Schmölln ist im dritten Lehrjahr und wird Fleischer. Hier schlachtet er mit Steffen Heilmann eine Kuh.  © Jana Borath

Dieser Erfolg kam nicht von ungefähr. Die Arbeit bestimmte lange Zeit das Leben der fünfköpfigen Familie. Er führte Regie im Schlachthaus und im Laden, nach Feierabend wurde gebaut. Cristin Heilmann, einst technische Zeichnerin beim Gößnitzer Pumpenbauer Apollo, stieg mit ein in den Familienbetrieb. Buchführung, Partyservice vor allem an den Wochenenden, das Bedienen hinter den Theken der Geschäfte in Lohma und Schmölln, täglicher Mittagstisch, Lehrlingsausbildung – sie packt an, wo sie gebraucht wird.

Inzwischen tritt Sohn David in die Fußstapfen seiner Eltern. Übernimmt der 29-Jährige den Betrieb einmal? „Das ist der Plan“, meint Steffen Heilmann. Bis jetzt scheint er aufzugehen. Wie sein Vater ist David Heilmann Fleischermeister, seine Frau Nicole hat diese Qualifikation ebenfalls in der Tasche.

Im November erwarten sie und ihr Mann ihr drittes Kind. Kürzer treten deshalb? Eher nicht. Seit 2018 gibt es Produkte der Fleischerei auch an der Milchtankstelle in Korbußen. Eine ihrer Ideen. „Wir haben jetzt einen neuen Automaten dort aufgestellt, der uns per App informiert, wenn Produkte ausverkauft sind, eine Fehlermeldung auftritt oder sonst ein Problem“, erklärt die 34-Jährige. Besonders an Wochenenden und Feiertagen sei in Korbußen der Zuspruch groß.

Und da ist Heilmanns Online-Shop: das jüngste Standbein des Familienbetriebes. Gerade etablieren Nicole und David Heilmann dieses Angebot. Warum? Die beiden kennen viele Leute, die weggezogen sind aus der Region, die heilmannsche Wurst aber vermissen. Seit gut einem Jahr gibt es den Shop, der Kundenzuspruch wächst deutschlandweit. Jüngst ging eine Lieferung sogar nach Rom. „Wir sammeln noch Erfahrungen“, macht Nicole Heilmann auf den Aufwand aufmerksam, den Versand und Logistik abverlangen.

Um die neue Offerte zu platzieren, entstand mithilfe der Grafikdesignerin Tanja Kirmse aus Leipzig ein Katalog. Der listet zum einen alle Produkte des Online-Shops auf. Zum anderen liefert die viel bebilderte und detailreiche Broschüre Wissenswertes unter anderem über die Haltung der Hereford-Rinder aus Schloßig, über Ziegenfleisch und über die Hausschlachtungen bei Heilmanns generell. „Legen wir den Katalog bei uns im Laden aus, ist er immer vergriffen“, freut sich Cristin Heilmann. „Bei unserer Laufkundschaft ist er sehr gut angekommen.“

Nicole Heilmann macht Wurst für den Online-Versand fertig. Verpackt werden die Produkte in Packtaschen aus Hanf. 
Nicole Heilmann macht Wurst für den Online-Versand fertig. Verpackt werden die Produkte in Packtaschen aus Hanf.  © Jana Borath

Den Online-Shop selbst konnten sich Steffen und Cristin Heilmann anfangs so recht nicht vorstellen. „Aber die Jungen sehen das zum Glück unkompliziert, das finde ich gut“, sagt sie. Ihr Mann Steffen ist skeptischer: weil er die viele Arbeit sieht und all die Kraft, die das junge Paar in den Online-Shop investieren. Auf sich aufpassen müssen die beiden, sagt er und blickt ernst. „Aber“, so fügt er hinzu, „die zwei sind eine andere Generation.“

Schwiegertochter Nicole fasst die Entwicklung indes so zusammen: „Das Fleischerhandwerk ist die Basis für uns. Es hält alles zusammen.“

Fleischerei Heilmann GmbH

Standort: Nöbdenitzer Straße 3 in Lohma, Filialen in Lohma und auf dem Schmöllner Markt, präsent an der Milchtankstelle in Korbußen

Geschäftsführer: Steffen Heilmann

Beschäftigte: zwölf

Auszubildende: zwei

Produkte: Fleisch und Wurstwaren; Spezialitäten sind unter anderem Schmöllner Mutzbraten und Thüringer Roster sowie original hausschlachtene Wurst nach hauseigener Rezeptur

Internet: www.fleischerei-heilmann.de

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