Erfurt. Bäckereien und Fleischereien hatten es in Thüringen zuletzt nicht einfach. Doch in anderen Bereichen des Lebensmittelhandwerks geht es in den letzten Jahren steil bergauf.

In Thüringen gibt es immer mehr Konditoreien, Brauereien und Mälzereien. Vor allem das Bierbrauen scheint im Freistaat sehr beliebt zu sein: Die Zahl der handwerklichen Brauereien und Mälzereien stieg um mehr als das Doppelte von 9 im Jahr 2008 auf 22 Betriebe im Jahr 2018, wie jüngste Zahlen des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) belegen. Die Zahl der Konditoreien hat seit 2015 erstmals wieder zugenommen. Am 31. Dezember wurden 95 Konditoreibetriebe gezählt, 4 mehr als im Vorjahr und – nach einigen Schwankungen – etwa 20 Prozent mehr als 2008.

Im Gegensatz dazu ging die Zahl der Bäckereien und Fleischereien in Thüringen zurück. Mehr als ein Viertel aller Bäckereien verschwanden seit 2008. 2018 gab es noch 406 Betriebe. Die Zahl der Fleischereien sank von 610 auf 481 (minus 21 Prozent). Mit den Entwicklungen in den vier Bereichen liegt Thüringen im Bundestrend: Die Zahl der Bäckereien sank in Deutschland um rund 29 und der Fleischereien um knapp 30 Prozent. Die Zahl der Konditoreien verdoppelte sich nahe zu. Die Zahl der Brauereien und Mälzereien legte fast um die Hälfte zu.

Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks erklärte das Verschwinden der Betriebe mit einem anhaltenden Strukturwandel: Anders als früher haben Bäckereien mehrere Verkaufsstellen. Kleine Bäckereien werden eher von größeren Betrieben mit Filialnetz übernommen. Dazu machen Supermärkte, Back-Shops und Tankstellen Handwerksbetrieben Konkurrenz.

Auch der fehlende Nachwuchs und eine zunehmende Bürokratie stellen das Bäckerhandwerk vor Herausforderungen. Hilfe könnte von den Kunden kommen: „Qualität ist vielen Leuten immer wichtiger“, sagte eine Sprecherin. Mit einer Kampagne wirbt der Verband um junge Leute und Quereinsteiger.

Junge Menschen hätten heute mehr Freiheit bei der Berufswahl, gab der Präsident des Deutschen Fleischer-Verbandes, Herbert Dohrmann, zu bedenken. Das trüge zum Rückgang bei Fleischereien und Bäckereien bei: „Den elterlichen Betrieb übernimmt nur noch, wer dies wirklich will.“ Wer von seinem Beruf begeistert ist und ein Unternehmen neu gründen möchte, habe es hingegen schwerer als früher. Die Hürden, seien es die bürokratischen oder die finanziellen, sind nicht gerade niedriger geworden, sagte Dohrmann.

Der Deutsche Brauer-Bund geht davon aus, dass sich die positive Entwicklung bei den Brauereien weiter fortsetzen wird. Hauptgeschäftsführer Holger Eichele nannte zwei Faktoren für den Erfolg: den Trend zu lokalen Gasthausbrauereien und den Craftbier-Boom. Vor allem die Zahl kleinerer Betriebe bis zu 5000 Hektolitern sei gestiegen. Viele kämen aus der Craftbier-Bewegung. „Wir begrüßen den Trend zu Craftbieren sehr, denn er lenkt den Blick auf den Ursprung der deutschen Braukultur“, resümierte Eichele.

Die große Beliebtheit für das Konditorenhandwerk hat für die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Konditorenbundes, Julia Gustavus, verschiedene Gründe. Zum einen sei der schon fast künstlerische Beruf zurzeit sehr beliebt. „Die Leute verwirklichen sich immer lieber mit ihren Händen.“ Zwei große Fernsehshows zeigten den Stellenwert des Handwerks. Zum anderen konsumierten die Leute heute bewusster, was zu einer größeren Nachfrage für handgemachte Torten und Cupcakes führt.