Erfurt. Die CDU möchte die Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen in Thüringen ausbauen. Die Linke spricht von Populismus, die Grünen bleiben prinzipiell skeptisch.

Raymond Walk ist sauer. Der Innenpolitiker der CDU-Landtagsfraktion fühlt sich vom Innenministerium ausgebremst. Es geht um die Möglichkeiten für Videoüberwachung in Thüringen. Und Walk möchte Orte mit einem besonders hohen Kriminalitätsaufkommen ausfindig machen. Doch im Innenministerium lässt man sich mit der Antwort Zeit.

„Wir machen das ja nicht aus Jux und Dollerei, sondern weil es die Datengrundlage für unseren Antrag ist“, wettert Walk im Gespräch mit dieser Zeitung. „Wenn ich eine Anfrage am 10. Juli einreiche und ich soll einer Verlängerung bis Oktober zustimmen. Das geht einfach nicht. Dann ist die Wahlperiode rum.“

Im Innenministerium verweist man auf die hohe Arbeitsbelastung. Mit insgesamt 2810 Anfragen sei man an 55,5 Prozent aller Antworten seit Beginn der Legislaturperiode beteiligt gewesen.

Linke spricht von Populismus

Der Linke-Abgeordnete Steffen Dittes hatte etwas mehr Erfolg. 2019 sind von den dauerhaft als gefährliche Orte eingestuften Straßenzügen die mit Abstand meisten Straftaten am Erfurter Anger erfasst worden – exakt 1111 weist die Statistik aus, wie das Innenministerium Dittes auf seiner Anfrage mitteilte. Aber ist das für den Linken Beleg genug für mehr Videoüberwachung? Und wie steht er zur Forderung CDU, die nach einem ersten Vorstoß 2017 erneut die Videoüberwachung für bestimmte Kriminalitätsschwerpunkte einführen will?

„Der Vorschlag der CDU ist populistisch aufgewärmter alter Wein in porösen Schläuchen, der von wenig sicherheitspolitischer Fachkompetenz zeugt“, meint Dittes. Er sei auch von wenig politischer Verantwortung gekennzeichnet, da er wiederholt sehr leichtfertig mit Grundrechtseingriffen umgehe. Mit dem Vorschlag werde der Öffentlichkeit ein nicht einhaltbares Sicherheitsversprechen gegeben.

Videoüberwachung kann keine Straftaten verhindern. Sie hilft durch Bildaufnahmen und -auswertung der Strafverfolgung. Deshalb ist polizeiliche Präventionsarbeit durch Präsenz und Kontrolle immer noch die erste Wahl.

Videoüberwachung könnte in bestimmten Fällen sinnvoll sein

Die Grünen sind nicht ganz so abweisend. Sie stehen einer Ausweitung der Videoüberwachung zwar „sehr skeptisch bis ablehnend gegenüber“, wie die Parlamentarische Geschäftsführerin Madeleine Henfling mitteilt. Aber sie könne in bestimmten Fällen sinnvoll sein. Die Aufnahmen müssten allerdings permanent live ausgewertet werden. Oft helfe Videoüberwachung nur noch bei der Aufklärung von Verbrechen und nicht bei deren Verhinderung, weil Verbrechen entweder nur an einen anderen Ort verdrängt werden oder nicht schnell genug reagiert werden könne.

Ein wenig mehr Hoffnung als vor drei Jahren, als sein Antrag zur Ausweitung der Videoüberwachung im Parlament sofort abgelehnt wurde, darf sich Walk machen. „Aufgrund des Stabilitätspakts mit der CDU werden wir die Initiative in den zuständigen Ausschuss überweisen und dort intensiv auch mit den Anzuhörenden darüber diskutieren und unsere Position in die Debatte einbringen“, betont Henfling.

Teilweise werden Kommunen bereits von sich aus tätig und warten nicht auf die Polizei. In Sonneberg würde Videoüberwachung seit Jahren auf Grundlage des Ordnungsbehördengesetzes durchgeführt, heißt es beim Gemeinde- und Städtebund.

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