Erfurt. Der Musiker Jeff Tweedy erklärt in einem unterhaltsamen Buch, wie man Lieder schreibt. Und, wie man seine kreativen Geister weckt.

Solche Sätze sind in ihrer gefühlsduseligen Säuselei eigentlich nur schwer zu ertragen: „Eine Sache wünsche ich allen Menschen: etwas mehr Kreativität in ihr Leben zu lassen.“ Oder: „Wichtig ist nur, es sich selbst zu erlauben.“ Kalendersprüche dieser Art lassen einen weiteren Ratgeber, den keiner braucht, vermuten. Und wahrlich: „Wie schreibe ich einen Song“ ist kein Buch für jedermann. Dann aber doch aus ganz anderen Gründen.

Jeff Tweedy ist Sänger und Songschreiber der viel gelobten und hochverehrten Americana-Rockband Wilco aus Detroit, die – so sehen es nicht wenige – noch nie ein schlechtes Album aufgenommen hat. Und davon gibt es immerhin 16 Stück. Seit zwei Büchern ist Tweedy auch Buchautor. In seinem zweiten Werk nun verrät er die Zaubertricks seiner Zunft, er erklärt ein Mysterium, lüftet ein, ja sein Geheimnis. Er lässt sprichwörtlich die Hosen runter. Er verrät, was bereits der Buchtitel unumwunden beschreibt: die Kunst, einen Song zu verfassen.

Es ist – und das kann man sagen, ohne zu viel zu verraten – eigentlich ganz einfach: Man müsse nur hart genug arbeiten, sagt Tweedy. Eigentlich. Denn schon kommen einem die vielen Aber in den Sinn. Kein Sinn für Poesie? Unwichtig. Inspiration? Wird überschätzt. Kein Instrument spielen? Zweitrangig. Tweedy lässt keine Ausreden gelten: „Nicht zu wissen, wie etwas funktioniert, ist nichts weiter als eine faule Ausrede, es gar nicht erst zu versuchen.“

Tweedy öffnet seine Trickkiste

Das sitzt! Was anfangs wie Lektionen aus Karate Kid oder von Jedi-Meister Yoda klingt, wird mit jeder Seite dieses schmalen Buches plausibler. Denn Tweedy lässt den Sprücheklopfer schnell hinter sich und öffnet seine Trickkiste, erklärt Punkt für Punkt Übungen, die jedem leichtfallen sollten – nicht nur beim Songschreiben. Auch für andere kreative Dinge. Oder einfach, um sich die Zeit sinnvoll zu vertreiben. Wenn man sich denn auf diese Art Zeitvertreib einlassen will.

Es geht viel um regelmäßiges Arbeiten, um Tagesabläufe, Wecker stellen – klingt alles wenig sexy und so gar nicht nach Rock’n’Roll. Doch der schreibende Musiker ist ein guter Erklärer: Selbst das ödeste Ritual, etwa sich einen Wecker zu stellen, versteht er plausibel und lustvoll zu beschreiben, um am Ende innere Befriedigung zu erfahren.

Hilfreich war sicher auch, dass ein Kollege Tweedys für die deutsche Übersetzung gesorgt hat: der Musiker Philip Bradatsch. Ein schöner Nebeneffekt des Buches, quasi die Bonustracks, ist, man erfährt einiges über den Menschen Jeff Tweedy. Etwa, dass er Beyoncé für ihr Arbeitsethos bewundert.

Jeff Tweedy: Wie schreibe ich einen Song, Heyne Hardcore, 160 Seiten,19 Euro