Frank Quilitzsch über ein TV-Erlebnis der besonderen Art

Habe ich das nur geträumt? Da war eben ein junger Mann auf dem Schirm und sagte den Film an. Er sprach kurz über seinen Inhalt, erwähnte die Schauspieler und den Regisseur und lobte die Komposition des Streifens. Freuen wir uns jetzt, sagte er und schaute mich lächelnd an, gemeinsam auf ein ganz besonderes Filmerlebnis.

Ich hatte das Gefühl, in ein Zeitloch gefallen zu sein. Das gab’s doch zuletzt in den 80er-Jahren! Damals, als Fernsehen noch ein allabendliches Familienereignis war. Wir saßen zusammen in der ofenbeheizten Stube und starrten in die Röhre. Eine Ansagerin mit Perlenkette und Dutt führte durch das Programm. Man fühlte sich noch als Zuschauer und nicht als Konsument. Und war die Sendung vorbei, gab es eine kurze Pause, die nicht mit Vorschauen oder tosender Werbung gefüllt wurde. Man konnte in Ruhe ein Brikett nachlegen, das Weinglas nachfüllen oder einfach nur Luft holen und das Gesehene sacken lassen.

Anders als heute, wo, ehe ein Film zu Ende ist, der nächste schon in ihn hinein kracht. Der Vorspann dem Abspann quasi auf die Kehle tritt. Die Filmmusik, unverzichtbarer Bestandteil jedes cineastischen Kunstwerks, wird einfach abgewürgt. Dranbleiben! Weiterglotzen! Nur nicht nachdenken!

Manchmal ploppt im filmischen Liebesakt ein Fenster auf: Nicht verpassen! Donnerstag der Kroatien-Krimi! Oder: Nachher bei Anne Will: Södel kontra Lusche – das TV-Duell. Oder unten läuft eine Eilmeldung ein: +++Impfungen mit Astra-Thromboseca ausgesetzt. Mehr gleich in Corona-extra+++ Sternstunden des Timings sind Hinweise wie: Im Anschluss, aber jetzt schon in Ihrer Mediathek!

Um auf mein Déjà-vu zurückzukommen: Der Ansager war nicht ganz so adrett gekleidet wie in meiner Erinnerung. Doch seine Ansage hatte Stil und war mit Humor gewürzt. Und der Film hielt, was er versprach. Ein TV-Erlebnis der besonderen Art. Es war auf Arte.