Erfurt. Jarvis Cocker, Künstler, Musiker und Frontmann der Band Pulp, hat seinen Dachboden entrümpelt. Aber was hat das mit seiner Autobiographie zu tun?

Die Sache mit dem „&“ nervt. Vom ästhetisch-künstlerischen Ansatz – und für nichts weniger stehen die Band Pulp und Jarvis Cocker – mag es eine, nennen wir es, interessante Idee sein, statt „und“ zu schreiben jedes Mal ein „&“ einzusetzen. Goodbye Lesefluss, hello Pop-Art. Oder so.

Doch davon abgesehen bietet „Good Pop, bad Pop – die Dinge meines Lebens“ eine herrlich erfrischende Herangehensweise an eine Autobiographie. Optisch, inhaltlich und konzeptionell.

Jarvis Cocker, Musiker, Künstler, Radiomoderator aus Sheffield, der Mann mit der Buddy-Holly-Brille, wurde bekannt als Sänger der Band Pulp („Disco 2000“), die in den Neunzigerjahren neben Oasis und Blur zur Spitze des Brit-Pop gehörten, obwohl die Band bereits 15 Jahre vorher gegründet wurde.

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Cocker gründet mit dem Leser eine Selbsthilfegruppe

Der Musiker beschreibt in dem Buch die Zeit von seiner Kindheit bis zu den ersten größeren Erfolgen. Indes, er macht das nicht auf die übliche Art, sondern bedient sich einer Nemesis des modernen Lebens westlicher Prägung: das Anhäufen von (scheinbar nutzlosen) Dingen. Das Messietum als kreative Quelle.

Das Cover des Buches „Good Pop, bad Pop – Die Dinge meines Lebens“ von Jarvis Cocker.
Das Cover des Buches „Good Pop, bad Pop – Die Dinge meines Lebens“ von Jarvis Cocker. © Kiepenheuer & Wietsch

Cocker gründet mit dem Leser eine Selbsthilfegruppe, es geht auf Entrümpelungstour – im doppelten Sinn. Er leert die Dachkammer seiner Londoner Wohnung, die voller Gegenstände seiner ersten Lebensjahrzehnte steckt und wühlt sich durch Erinnerungen und Anekdoten – anhand der Fundstücke erzählt Cocker in kurzen Kapiteln seine Vita.

Das macht der Prototyp eines Nerds relativ uneitel und er reflektiert offenherzig eigene Unzulänglichkeiten. Seine beste Wesensart scheint zu sein: Er nimmt seine Leidenschaft für Musik und Kunst ernst, sich selbst aber nicht allzu sehr. Als extrovertierter Charakter, der er als Künstler per se sein muss, ist das eine erstaunliche Leistung. Und: Er kann über sich lachen.

Angelehnt an die Magazinoptik von Zeitschriften

Das gipfelt in der Beschreibung eines selbstprovozierten und lebensverändernden Fenstersturzes, rückblickend mit viel Humor erzählt, der aller Tragik trotzt.

Auch optisch ist das Buch eine Schau: Angelehnt an die Magazinoptik von Zeitschriften und mit einem Hauch von Graphic Novel, zeigt Cocker die Dachbodenfunde und Memorabilia. Hier wirkt aber nichts museal, ein Stadium, in dem Pink Floyd, die Rolling Stones oder David Bowie mit ihren Ausstellungen inzwischen angelangt sind. Eben erst haben Pulp zudem nach gut zehn Jahren Pause neue Konzerte im nächsten Jahr angekündigt.

Und er lässt durchblicken, dass die Dachböden, der echte und der gedankliche, noch nicht leer sind.

Jarvis Cocker: Good Pop, bad Pop – Die Dinge meines Lebens, Kiepenheuer & Witsch, 400 Seiten, 28 Euro

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