Henryk Goldberg weiß nun auch nicht mehr, warum es ist, wie es ist.

Das ist ein ziemlich blöder Witz, ich weiß, aber trotzdem. Also, da kommt ein Mann mit einer verkrüppelten Hand in die Kirche und bittet den lieben Gott, seine beiden Hände gleich zu machen. Da macht es knirsch und er hat zwei verkrüppelte Hände.

Ich musste daran denken, als ich in dieser Woche eine Erklärung der Gesundheitsministerin las. Die wurde gefragt, was sie von der Anweisung der Stadt Jena halte, in Verkaufsstellen, öffentlichen Gebäuden mit Publikumsverkehr und im öffentlichen Nahverkehr das Tragen von Mund- und Nasenschutz als verpflichtend zu erklären. Und antwortete so: „Bei allen Einschränkungen, die wir den Menschen im Moment zumuten müssen, sollten zumindest überall in Thüringen die gleichen Regeln gelten. Alles andere ist schwer zu erklären.“ Generell könne eine Maske alle anderen Schutzmaßnahmen nur ergänzen.

Tatsächlich sollten überall die gleichen Regeln gelten. Was allerdings ebenso meinen könnte, nicht nirgendwo die Maskenpflicht, sondern: überall. Und natürlich kann die Maske nur eine Ergänzung sein, aber was hält sie, hält uns davon ab, die übrigen Maßnahmen durch diese zu ergänzen?

Es ist die Angst der Entscheidungsträger vor der Stimmung. Das ist, wer sich im Netz ein wenig umliest, nicht ganz unberechtigt, es ist aber auch so, dass die Menschen mehrheitlich die schrittweise Eskalation einsichtig – nicht autoritätsfixiert! – mitgetragen und respektiert haben. Der Nutzen dieser einfachen Masken, es können auch Schals oder Tücher sein, ist weithin unbestritten. Dieses schlichte Tuch ist mindestens so wirkungsvoll wie das Husten und Niesen in die Armbeuge. Durch die lange Inkubationszeit kann niemand wissen, ob er das Virus trägt, auch wenn er keinerlei Symptome zeigt. Dieses Stückchen Stoff schützt den Träger nicht vor einer Infektion, aber es schützt andere vor ihm. Es bannt keine Gefahr für einen selbst, nur für die anderen. Doch wenn die anderen es auch tragen, dann sind alle etwas besser geschützt. Das, Freunde, das wäre ein wirklicher Respekt für die Frau an der Kasse.

Und warum wird das nicht angeordnet? Weil es ziemlich blöd aussieht? Weil die Menschen, also wir, nicht weiter belästigt werden sollen?

In dieser Woche war ich bei zwei verschiedenen Ärzten, nicht wegen Corona. In der einen Praxis wurden am Eingang für alle Patienten einfache Masken ausgegeben, in der anderen nicht. Nicht, weil der Arzt das nicht für sinnvoll hielte: Er bekam keine, es reichte nur für die Mitarbeiter.

Wie von ungefähr fällt mir da der lustige Vorfall beim Erfurter Zoll ein. Da hatte ein Arzt privat 300 Masken in Russland bestellt. Und sollte dafür 1000 (eintausend) Euro Zoll bezahlen. Für eine Sendung, deren Einkaufswert knapp unter 600 Euro liegt. Denn eine Behörde ist eine Behörde und legte, hastdunichtgesehn, die derzeitigen Wucherpreise zugrunde.

Klar, wir haben eine Krise, klar, wir freuen uns über und fördern jede sinnvolle Privatinitiative, aber der Zoll ist der Zoll ist der Zoll. Da kann sein Sprecher noch so sehr über Pflicht und Gesetz salbadern, mit ein wenig Kreativität und gutem Willen wäre da etwas gegangen.

Immerhin, zunächst hieß es auch, die Sendung könne auch nicht, was der Arzt dann anregte, an das Katholische Krankenhaus umgeleitet werden, das sei ja schließlich nicht der deklarierte Empfänger. Nun wird, Stand Donnerstag, wohl seit Tagen verhandelt, wie dieser komplexe Vorgang zu bewältigen ist: In einer Krisensituation 300 Masken vom Zoll in ein Krankenhaus zu bekommen. Warum das so ist? „Nie sollst du mich befragen.“! Und, vom gleichen Verfasser, „Deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selbst willen tun“. Oder, um einen anderen großen Deutschen ein wenig zu variieren: Du gehst zum Amtsschimmel? Vergiss die Peitsche nicht!

Nur, er schert sich nicht drum. Womöglich bekam deshalb das Erfurter Café Füchsen eine Mahnung, man möge die „ungenehmigten Blumenbehältnisse“ von der Straße entfernen oder 300 Euro zahlen.

Die inkriminierten Behältnisse stehen dort seit Oktober nicht mehr. Das ist doch eine gute Nachricht: Unsere Verwaltung lässt sich nicht irritieren von so ein bisschen Krise.