Renthendorf. Die Gedenkstätte in Renthendorf sucht dringend Paten für notwendige Buchsanierungen.

Wer Jochen Süss kennt, jenen sympathischen wie hartnäckigen Biologen, der nach seiner Pensionierung 2012 die millionenschwere Rettung und Sanierung des Brehm-Hauses in Renthendorf, der Gräber sowie der kostbaren Möbel, Tierpräparate und anderen Inventars aus dem Brehmschen Erbe auf die Wege brachte, der weiß, auch dieses Projekt wird ihm gelingen. Diesmal geht es ihm um die Rettung tausender Bücher, Zeitschriften, einzigartiger Handschriften und Bilder aus der Brehmschen Hausbibliothek, in deren Besitz die Brehm-Gedenkstätte ist.

„Alternativlos“ nennt Süss sein Vorhaben und verweist auf die Verpflichtung gegenüber diesem weltweit bedeutenden Kulturgut und zugleich auf die Dringlichkeit.

Vor der Sanierung der einstigen Wohn- und Arbeitsstätte von Alfred Edmund Brehm, dem Autor von „Brehms Tierleben“ hatte man die Buchbestände im Kreisarchiv Saale-Holzland in Camburg einlagern können. Erstmals hat nun die seit einem Jahr bei der Brehm-Gedenkstätte angestellte Museologin Kim Janke die Sammlung gesichtet und Alarm geschlagen: Von den gut 13.000 Exemplaren sind rund 500 Exemplare in einem besonders miserablen Zustand, müssen dringend gereinigt und restauriert werden, um überhaupt für die Nachwelt erhalten werden zu können.

Beiträge zur Vogelkunde am schlimmsten betroffen

Die kostbarsten Bücher, wie das „Handbuch der Naturgeschichte aller Vögel Deutschlands“ von 1831 und die drei Bände „Beiträge zur Vögelkunde in vollständigen Beschreibungen“ von 1820 bis 1822, beide von Christian Ludwig Brehm, seien am schlimmsten betroffen, so Süss. Zum einen haben Zeit, Sonne, Staub, Insekten und Schimmelpilze den Büchern zugesetzt. Zum anderen ein größerer Wasserschaden lange vor der Zeit der Sanierung des Brehm-Hauses. Die Nässe kroch damals durchs ganze Haus – auch in die Hausbibliothek.

Zudem ging die Familie selbst nicht zimperlich mit ihren Büchern um, erzählt der Leiter der Gedenkstätte, Jochen Süss, und zeigt auf Kinderzeichnungen, die auf leeren Seiten zu finden sind, Unterschriftsproben aus den Jugendjahren von Alfred Brehm, aber durchaus auch ernsthafte wissenschaftliche Anmerkungen.

Soll all das bewahrt werden, drängt nun die Zeit. Obendrein ist die Restaurierung von Büchern auch teuer. Eine erste Kostenschätzung des Restaurators Christoph Roth aus Leipzig belief sich auf mehrere 10.000 Euro. Zwischenzeitlich sprang bereits die Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) in Jena der Brehm-Gedenkstätte zur Seite, nahm wenige Buch-Exemplare bereits restauratorisch in Angriff.

„Wir haben uns zunächst auf die 36 wichtigsten Bücher aus dem Nachlass konzentriert“, erklärt Jochen Süss, der, wie schon all die Jahre der Sanierung, sämtliche Möglichkeiten auszuschöpfen versucht, um Geld für sein „Lebenswerk“ zusammen zu trommeln. Deshalb läuft bereits der Antrag auf Fördermittel an die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) in der Staatsbibliothek zu Berlin/Preußischer Kulturbesitz. 30.000 Euro könnten von da nach Renthendorf fließen.

Den Eigenanteil von 5000 Euro zur Kofinanzierung hat er bereits über Buchpatenschaften eingeworben und appelliert nun eindringlich an alle Spendenwilligen, die Buchpatenschaft-Aktion zu unterstützen.

„Denn die Koordinierungsstelle in Berlin hat in Aussicht gestellt, dass wir im Jahr 2021 einen Sonderantrag auf Förderung stellen können und in gleicher Höhe Fördermittel bereit gestellt werden, wie Spendengelder vorhanden sind“, so Süss. „Über jeden Euro freuen wir uns, jeder hilft uns weiter.“

Schon jetzt zählt er 33 Buchpaten, die zusammen 8570 Euro gespendet haben. Die Sparkassenkulturstiftung Hessen-Thüringen und die Sparkasse Jena-Saale-Holzland haben zudem zugesichert, jeden gespendeten Euro zu verdoppeln. Landrat Andreas Heller hat zudem die Schirmherrschaft übernommen. Am Ende, so hofft Jochen Süss, sollen die Bücher nach der Restaurierung für die nächsten 100 Jahre gesichert, in individuellen Schubern gelagert und nur hin und wieder in der Dauerausstellung in Renthendorf gezeigt werden, Brehm-Forschern stehen sie dann natürlich zur Verfügung.

Welche internationale Bedeutung den Naturforschern Brehm zukommt, beweist unter anderem das Bemühen der Deutschen Botschaft in Kasachstan um eine Ausstellung, die von der Gedenkstätte in Renthendorf umgesetzt werden soll. 1876 kam es unter Leitung des Zoologen Otto Finsch (1839–1917) zu einer legendären Forschungsreise im Auftrag des Vereins für die Deutsche Nordpolarfahrt in Bremen nach Westsibirien, Kasachstan und China – unterstützt von den höchsten politischen Ebenen. Auch Alfred Edmund Brehm reiste damals mit, hinterließ in Renthendorf einen umfangreichen Bericht und zahlreiche Exponate. „Teilweise sind diese zoologischen, botanischen und ethnologischen Hinterlassenschaften im ganzen Bundesgebiet verstreut und sollen nun in dieser Ausstellung in Kasachstan erneut gezeigt werden“, erzählt Süss. Momentan steckt das Ausstellungsprojekt in der Bewilligungsphase im Haushaltsausschuss im Auswärtigen Amt, soll aber noch in diesem Jahr realisiert werden. „Wir würden mit Hochdruck daran arbeiten, sobald wir unsere eigene Dauerausstellung eröffnet haben.“ Die ist weiterhin für das letzte Augustwochenende angesetzt – abhängig von der Corona-Entwicklung.

Wer Buchpate werden möchte, kann gern spenden: Alfred Edmund und Christian Ludwig Brehm-Stiftung, IBAN: DE 13 8305 3030 0018 0479 04, Sparkasse Jena-Saale-Holzland, Zweck: Buchpatenschaft. Für eine Spendenbescheinigung bitte Adresse angeben.