Mario wurde nur 13. Er ist getötet worden. Wie es dazu kam im Hinterhof des Plattenbaus, was Ausländerhass und Liebe damit zu tun hatten, das erzählt er von seinem Grabstein aus.

Mario war im Leben nur bei einer Trauerfeier – seiner eigenen. Seitdem sitzt er tagaus, tagein auf seinem Grabstein, sinniert, beobachtet und hört Hoffmann zu, dem Vielredner vom Grab nebenan. Mario war 13, als er starb, und er erzählt seine Lebensgeschichte vom Friedhof aus, so nüchtern wie herzzerreißend; schildert fast philosophisch sein Totenleben, durchzogen mit Prisen schwarzen Humors.

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Eine Berliner Plattenbausiedlung ist seine Welt Anfang der 90er Jahre, als es noch keine Handys gibt, die Kinder aus Langeweile Krieg spielen, die Kleinen und Schwachen von den Großen und Starken abgezogen werden, während zu Hause der Vater säuft und die Mutter versucht, über die Runden zu kommen.

David Blum: Kollektorgang. Beltz & Gelberg, 128 Seiten, 14 Euro, ab 14
David Blum: Kollektorgang. Beltz & Gelberg, 128 Seiten, 14 Euro, ab 14 © Beltz & Gelberg

Es ist trist und schön zugleich, bis die rechte Gewalt, die Mario und seine Freunde bis dahin nur am Rande wahrgenommen haben, in ihr Leben eindringt. Ein zerschnittener Fahrradsattel, Springerstiefel, weiße Schnürsenkel: Indirekt zeigt Autor David Blum, wie sich das Einzige breit macht, was er in seinem zu Recht preisgekrönten Roman als böse kennzeichnet. Es ist „allein der Hass auf den, der anders ist“, stellt Mario auf seinem Grabstein fest, der die Tragödie ausgelöst hat. Denn ein Boxkampf soll klären, wem der Gang mit Versorgungsleitungen unter den Häusern „gehört“, der Zuflucht und ungekannte Freiheit bietet: den Rechten oder den Kindern aus der „Platte“.

Nur 128 Seiten genügen David Blum, um schwere Themen fesselnd zu verhandeln. „Kollektorgang“ wirkt nach, auch weil Blum den Ton trifft, der Marios Erzählung für die Zielgruppe glaubwürdig macht.

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