Weimar. Der Weimarer Fotograf Thomas Müller hat Überlebende des KZ Buchenwald aus eigenem Antrieb und ohne Auftrag porträtiert – Nun werden die Fotos öffentlich gezeigt

Eine kleine Ausstellung zumindest hatte sich der Weimarer Fotograf Thomas Müller gewünscht, nachdem er vor zwei Jahren die ersten Porträts ehemaliger Häftlinge des KZ Buchenwald aufgenommen hatte – „irgendwann einmal, vielleicht“. Nun aber wird es sogar eine überregional bedeutsame Schau, bei der er seine Arbeiten zeigen darf: Überlebensgroß werden 16 seiner Fotografien vom kommenden Montag an den Weg vom Weimarer Hauptbahnhof bis zum neuen Bauhaus-Museum flankieren. Und das als Wegmarken für sechs Monate.

Niemand hatte Thomas Müller, der als freier Fotograf vor allem mit Architektur-, Theater- und Editorialfotografie sein Geld verdient, im Frühjahr 2017 mit den Porträts beauftragt und dafür bezahlt. „Ich hatte mir das einfach schon ewig vorgenommen, vor zwei Jahren aber dann den Entschluss gefasst, die Idee endlich einmal umzusetzen.“ Denn mit Blick auf das hohe Alter der Überlebenden war ihm bewusst, dass die Zeit läuft. Damals entstanden die ersten zwölf Porträts, im Jahr darauf die nächsten.

Dem 37-Jährigen war und ist es ein Anliegen, die Erinnerungen an die Gräuel auf dem Ettersberg wachzuhalten – wachzuhalten gerade auch durch Aufnahmen von Menschen, die das KZ erlebt und überlebt haben und daran innerlich nicht zerbrochen sind. Im Zuge der jährlichen Gedenkfeiern knüpfte der Weimarer mit Unterstützung der Gedenkstätte Buchenwald Kontakt zu ehemaligen Häftlingen etwa aus Polen, Israel, der Ukraine und den USA und konnte die meisten von ihnen davon überzeugen, sich vor seine Kamera zu setzen. Ganz bewusst entschied sich Müller, der den Magister in der Tasche hat, für reduzierte Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Denn sie sollen den Blick auf das Wesentliche lenken: auf die durchaus selbstbewusste Haltung und die von Falten und Furchen durchzogenen Gesichter, die so viel vom Leben erzählen.

Als dann im Sommer 2017 Martin Kranz, Intendant der Achava Festspiele Thüringen, auf die Porträts aufmerksam wurde, sprach er Thomas Müller sofort an. Weil die Planung für 2018 zu diesem Zeitpunkt aber schon stand, nahm Kranz das Ausstellungsprojekt, das gemeinsam mit der Gedenkstätte Buchenwald und der Stadt Weimar realisiert wird, ins Programm für 2019 auf. Im Vorfeld war sehr viel Detailarbeit nötig – unter anderem deshalb, weil das Einverständnis aller 16 Porträtierten einzuholen war, ihre Bildnisse im öffentlichen Raum zu zeigen. Inzwischen sind die Fotos gedruckt und außer mit Informationen etwa zu Geburts- und aktuellem Wohnort sowie den Daten der Inhaftierung auch mit einem QR-Code versehen: Richtet man ein Smartphone darauf und fotografiert ihn, gelangt man auf die Internetseite, die das Projekt auch in englischer Sprache näher erklärt.

Thomas Müller ist gespannt auf die Reaktionen: Selbst mit Aufklebern oder gar Schmierereien müsse man umgehen, findet er. Wünscht sich aber natürlich vor allem eine auf Respekt für die Zeugen und die Arbeit des Fotografen fußende Rezeption.

1. April bis 29. September, Eröffnung heute, 17 Uhr