Saalfeld/Rudolstadt. Sowohl der Landrat bei der Kreistagswahl als auch die Bürgermeister bei den Stadtratswahlen ziehen kräftig Wählerstimmen

Mike George hat es nicht getan. Bad Blankenburgs Bürgermeister hat im Gegensatz zu vielen seiner Amtsbrüder und -schwestern im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt bei den Kommunalwahlen gestern auf eine Kandidatur für den Stadtrat bewusst verzichtet. Das ist ihm hoch anzurechnen, denn die Versuchung, sich durch die Scheinkandidatur des naturgemäß bekannten Verwaltungschefs eine Hausmacht im Kreistag, Stadt- oder Gemeinderat zu organisieren, ist offenbar enorm groß.

Zu denen, die der Verlockung nicht widerstehen konnten, gehört auch Landrat Marko Wolfram, im Ehrenamt Vorsitzender der SPD im Landkreis. Er kandidierte auf Platz eins der sozialdemokratischen Kreistagsliste, obwohl er im wahrscheinlichen Fall seiner Wahl entweder das Amt niederlegen muss oder das Kreistagsmandat nicht annehmen kann.

In 99 Prozent der Fälle erfolgt bald nach der Wahl ein Mandatsverzicht, so dass andere Kandidaten der jeweiligen Liste nachrücken, die der Wähler gar nicht wollte. Das Kalkül: Mit einer starken eigenen Fraktion lässt es sich leichter regieren.

Auch Saalfelds Bürgermeister Steffen Kania (CDU) ließ sich als Scheinkandidat auf den Stimmzettel schreiben, sein Rudolstädter Amtskollege Jörg Reichl (BfR) ebenso wie Andrea Wende (Freie Wähler), die Ortschefin des neuen, nun um Kamsdorf vergrößerten Unterwellenborn. Von den hauptamtlichen Rathauschefs im Landkreis verzichteten neben Mike George lediglich Toni Hübler (CDU, Uhlstädt-Kirchhasel), Kerstin Barczus (Kaulsdorf) und der gerade erst neu gewählte Königseer Bürgermeister Marco Waschkowski auf diese umstrittene Form der Kandidatur.

Auch ehrenamtliche Bürgermeister fanden sich auf den Stimmzetteln der Volksvertretungen, von denen sie eigentlich kontrolliert werden sollen. Das betrifft beispielsweise Leutenberg, Probstzella, und Lehesten. Argumentiert wird zumeist damit, man wolle die eigene Arbeit auf den Prüfstand stellen. Genau das passiert allerdings bei Bürgermeister und Landratswahlen, um die es gerade nicht ging. Wie auch immer: Scheinkandidaturen sind zwar moralisch fragwürdig, aber legal.

Die Rechnung ging auch gestern im Wesentlichen auf. Bei der SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Wolfram deutete sich bei der Kreistagswahl ein deutlich besseres Ergebnis als bei der Europawahl an, wo nur noch jeder Zehnte sein Kreuz bei der einstigen Volkspartei machte.

Die CDU startete in Saalfeld mit Steffen Kania furios, in Rudolstadt lagen die Bürger für Rudolstadt mit Spitzenknadidat Jörg Reichl nach Auszählung von einem Fünftel der Wahlbezirke in Front. Auf Platz zwei lag zu diesem Zeitpunkt in beiden Städten übrigens die AfD.