Wangenheim. Das Impfzentrum in Gotha stellt sich erneut als Hindernis für gebrechliche Senioren dar. Eine Familie aus Wangenheim will deswegen nach Bad Langensalza ausweichen.

Weil es für betagte Pflegeheimbewohner umständlich ist, zu den Impfzentren zu gelangen, kommt die Impfung zu ihnen. Zu diesem Zweck sind in Thüringen seit Ende Dezember mobile Impfteams im Einsatz. Senioren, die zuhause gepflegt werden, müssen jedoch weiterhin Geduld haben. Die mobilen Impfteams können derzeit nicht für einzelne Haushalte eingesetzt werden, erklärt Veit Malolepsy, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Thüringen. Alle aktuellen Entwicklungen im Corona-Liveblog

Hinter Corina Eichholz aus Wangenheim liegen unzählige Telefonate. Wie so viele Angehörige von Senioren versucht auch sie Impftermine für ihre Schwiegereltern zu organisieren. Um das Paar, 91 und 94 Jahre alt, kümmert sich im eigenen Zuhause täglich ein Pflegedienst. Zusätzlich ist Corina Eichholz für 30 Stunden in der Woche als Betreuungsperson für ihre Schwiegereltern da.

In die Impfung setzt auch die Familie aus Wangenheim große Hoffnung. Die Bedingungen im Impfzentrum in Gotha stehen dem jedoch im Weg. Die 91-Jährige stürzte vor zwei Jahren schwer, verletzte sich die Hüfte und brach sich beide Arme, die nun steif sind. Wohl könnte sie mit Begleitung in die ehemalige Arztpraxis in die Kastanienallee kommen. Jedoch müsste sie die Treppen dort, die für Rollstuhlfahrer mit einer Rampe ausgestattet sind, mit Hilfe bewältigen. Die betagte Dame kann man allerdings aufgrund der alten Verletzung nicht an den Armen packen. Wegen fehlender Barrierefreiheit habe man bereits den Hausarzt gewechselt.

Der 94-Jährige ist fitter als seine Frau. Doch die Anstrengung, die ein Besuch des Impfzentrums für ihn bedeutet, würde auch ihm stark zusetzen. Er verstehe das alles nicht mehr, sagt Corina Eichholz, vor allem nicht, wenn seine Frau nicht dabei sei. Die beiden müssten möglichst gemeinsam einen Termin bekommen. Alle Umstände ließen sich vermeiden, wenn die Impfungen zu Hause verabreicht werden könnten. Dass die mobilen Impfteams, die alle Voraussetzungen dafür haben, nicht auch ins Haus kommen können, ist ihr unverständlich.

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KV-Sprecher sieht das Problem bei den Corona-Impfstoffen

Die Krankenkasse bot ihr an, den Transport zum Impfzentrum zu organisieren, doch beim Weg hinein wären sie wieder auf sich allein gestellt.

„Jeder Impfstoff hat einen Kniff“, sagt Malolepsy. Die Varianten der Hersteller Biontech und Moderna müssten durchweg tiefgekühlt werden. Der Astrazeneca-Impfstoff hingegen werde nicht an Personen über 65 Jahren verimpft. Neben dem logistischen Aufwand sei es derzeit auch nicht denkbar, eine Impfampulle anzubrechen und davon nur zwei Dosen zu verbrauchen. Sofern keine weiteren Impfberechtigen zur Stelle seien, würde bei der Verwendung der übrigen Dosen eine Gerechtigkeitsdebatte entstehen.

„Es wird irgendwann einen Impfstoff geben, mit dem man herumfahren kann“, ist sich der KV-Sprecher sicher. Doch das brauche Zeit – und so lange müssten sich zu Hause lebende pflegebedürftige Senioren und ihre Angehörigen gedulden. Corina Eichholz will sich nun um Termine im Impfzentrum in Bad Langensalza bemühen. Dieses ist vollständig barrierefrei.

Mit dem Tauwetter dürfte sich allmählich ein weiteres Problem des Impfzentrums in Gotha auflösen. Denn Schnee machte in den vergangenen Tagen den Fußgängerübergang von der Innenstadt zur Kastanienallee zum Hindernis.

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