Pfarrerin Sandra Reinhardt mahnt zur Geduld

Wo ist nur die Hefe geblieben? Zugegeben, als sie treu und brav im Regal lag, war sie mir oft egal. So viel Zeit, einen Hefeteig zuzubereiten, hatte ich nicht.

Aber jetzt, als sie weg ist, vermisse ich sie und will sie unbedingt haben. Im Supermarkt erinnert allenfalls ein winziger Zettel am Kühl- oder Backwarenregal an ihre Existenz. Muss Manches erst weg sein, ehe ich es vermisse und zu schätzen weiß?

In meinem Fastenbegleiter („Wandeln 2020 Mein Fastenwegweiser“, Andere Zeiten e.V., Hamburg 2020) steht eine Geschichte, die mich nachdenklich stimmt. Nach dem Herstellen des Teiges sagt die Oma: „Jetzt kommt das Wichtigste.“ Und wenn die Kinder fragten, was sie machen sollten, sagte Oma: „Nichts!“ Warten. Geduld haben. Tuch auf die Teigschüssel und warten.

Mir fällt das unendlich schwer. Geduld ist nicht meine Stärke. Warten macht mich nervös. Ich muss doch was tun können, etwas machen. Einfach so rumsitzen und Nichtstun, das kann ich nicht.

Hermann Hesse schreibt: Geduld ist für den Geist das Schwerste. Es ist das Schwerste und Einzige, was sich zu lernen lohnt. Alle Natur, alles Wachstum, aller Friede, alles Gedeihen und Schöne in der Welt braucht Geduld, braucht Zeit, braucht Stille, braucht Vertrauen.

Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet. So schrieb einst Paulus.

Diese Wochen ohne Gottesdienst und mit Kontaktverbot reduzieren den Alltag auf das Wesentliche. Worauf hoffe ich? Wem vertraue ich so sehr, dass ich geduldig durch schwere Zeiten gehen kann? Wer hört meine Sorgen im Gebet? Wenn die Glocken zur Stille rufen, sind das meine Grundfragen, und ich vertraue sie Gott an. Ich glaube und hoffe, dass er mitten in der Krise Halt gibt und ich ihm vertrauen kann, auch wenn ich doch lieber Tun wollte.

Wann ist die Hefe wieder da? Dann kann ich wenigstens einen Zopf backen und bei einer Tasse Kaffee warten, bis die Welt sich weiterdreht. Letzte Woche, war sie plötzlich da, im Regal, dort, wo sie sonst immer war, die Hefe. Ein handgeschriebener Zettel mahnte: Nur eine pro Person. Ehrfurchtsvoll wanderte das kleine Würfelchen, gerade mal 42 Gramm schwer, in meinen Einkaufswagen. Und fast hätte ich sie beim Einpacken vergessen. Und dann habe ich es probiert. Teig anrühren und warten. Und es hat geklappt.

Gerade esse ich das letzte Stück vom Nusszopf und bin ein wenig stolz darauf, doch mal wieder gebacken und ein wenig Geduld geübt zu haben.