Berlin. Ein Auslandssemster oder ein Gap-Year sind heute längst keine Seltenheit mehr. Doch was ist während dieser Zeit mit dem Kindergeld?

Finanzielle Probleme und Geldnot sind für Studierende und Auszubildende in Zeiten der Inflation und Energiekrise leider längst keine Fremdwörter mehr. Obwohl viele junge Menschen arbeiten oder BAföG beziehen, spielt daher auch die familiäre Unterstützung, insbesondere das Kindergeld, eine wichtige Rolle.

Denn das Kindergeld bekommen nicht nur grundsätzlich alle Kinder bis 18 Jahre, sondern darüber hinaus auch junge Erwachsene bis 25 Jahre. Zumindest, dann wenn sie

  • eine Ausbildung (dazu gehören auch Schule und Studium) machen oder
  • sich in einer Übergangszeit von vier Monaten befinden oder
  • keinen Ausbildungsplatz finden und darum ihre Berufsausbildung nicht beginnen oder fortsetzen können, oder
  • einen anerkannten Freiwilligendienst leisten.

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Übergangszeiten sind vom Kind nicht zu vermeidende Zwangspausen

Doch wozu zählt ein Auslandssemester und was ist mit der "Übergangszeit" gemeint? "Übergangszeiten im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EstG ergeben sich üblicherweise als vom Kind nicht zu vermeidende Zwangspausen", erklärt eine Sprecherin des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) auf Anfrage dieser Redaktion. Gemeint seien damit Pausen "zwischen zwei Ausbildungsabschnitten", die zum Beispiel durch feste Einstellungstermine der Ausbildungsbetriebe oder durch Rechtsvorschriften über den Ausbildungsverlauf entstehen und auf die man selbst keinen Einfluss hat.

Wenn das Kind hingegen über einen längeren Übergangszeitraum keine der oben genannten Bedingungen erfüllt, dann "erfolgt auch keine Berücksichtigung der ersten vier Monate", wie die BMF.Sprecherin erklärt. Wenn man nach dem Abitur also zum Beispiel ein Jahr Work and Travel macht, hat man nicht einmal während der ersten vier Monate Anspruch auf das Kindergeld.

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Work and Travel gilt als Erwerbstätigkeit

Übt ein Kind stattdessen aber zum Beispiel ein Jahr lang einen anerkannten Freiwilligendienst aus, erhält es sogar während dieses ganzen Jahres Kindergeld. Wieso das bei Work and Tavel oder einer anderen Art des Gap-Years nicht genauso gehandhabt wird, erklärt das Bundesministerium der Finanzen damit, dass Work and Travel eine "Erwerbstätigkeit" sei und somit keinen sogenannten Berücksichtigungstatbestand erfülle.

Wer folglich also auf die Idee kommt, sich während seines Work-and-Travel-Jahres zum Schein an einer Uni einzuschreiben, um trotzdem weiterhin Kindergeld zu kassieren, könnte damit auf die Nase fallen. Denn laut der BMF-Sprecherin sei eine Ausbildung beziehungsweise ein Studium nur berücksichtigungsfähig, "wenn sich das Kind ernsthaft und nachhaltig auf das Erreichen eines bestimmten Berufsziels vorbereitet".

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Bei einem Auslandsaufenthalt von bis zu einem Jahr behält man seinen inländischen Wohnsitz

Ein Auslandssemester hingegen kann durchaus Teil eines solchen "berücksichtigungsfähigen" Studiums sein, sodass man währenddessen grundsätzlich weiterhin Kindergeld beziehen kann. Entscheidend sei laut des Bundesministeriums für Finanzen dabei, wo das Kind seinen Wohnsitz hat. Denn Kinder, die "weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten", so die BMF-Sprecherin.

Doch bei einem Auslandsaufenthalt, der von vornherein in einem begrenzten Zeitraum von bis zu einem Jahr stattfindet, sei laut des Bundesfinanzministeriums grundsätzlich davon auszugehen, dass der inländische Wohnsitz beibehalten wird und somit weiterhin Kindergeld bezogen werden kann. Kinder, die sich hingegen länger als ein Jahr ins Ausland begeben, behalten ihren Wohnsitz in der inländischen elterlichen Wohnung nur bei, wenn sie diese in ausbildungsfreien Zeiten "zumindest überwiegend nutzen". Wenn dem so ist, würde das als "Beziehung zur elterlichen Wohnung" gelten und diese ist bei einem längeren Auslandsaufenthalt als Nachweis notwendig, um weiterhin Kindergeld beziehen zu können.